Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

immer abgeneigt. Nur das Einfache und Natürliche er¬ 
schien ihm wesentlich. Darin brachte er eine der besten 
Eigenschaften des Österreichertums zur Geltung. Auch 
war ihm eine angeborene Sicherheit zu eigen, das Echte 
in dem Menschen vom Unechten zu scheiden: Menschen, 
die in ihrem Auftreten das, was man in Österreich „Schau¬ 
spielerei“ nennt, an den Tag legten, haben bei ihm nie 
Glück gehabt. Allerdings war er auch, wie sich bald zeigte, 
durch Naturanlage von der Ereude am rein Geistigen aus- ' 
geschlossen und lehnte daher, was über dem durchschnitt¬ 
lichen Niveau lag, leicht ärgerlich ab, kraft seiner von 
bloßer Empirie und in der Schule des Lebens praktisch 
erworbenen Logik beherrschten Denkweise. 
Kunst und Dichtung spielten ebensowenig wie Musik 
eine Rolle in seinem Erziehungsplan. Wohl war ihm eine 
ausgesprochene zeichnerische Begabung zu eigen und er 
verwendete darauf in seiner Knabenzeit viel Mühe, hatte 
viel Ereude an der Ausübung dieses Talentes. Es ist be¬ 
zeichnend, daß der militärischen Erziehung des Thron¬ 
folgers ein besonders großer Anteil an dessen Ausbildung 
eingeräumt wurde. Das war eigentlich eine Neuerung am 
Wiener Hofe. Denn keiner der zur Thronfolge berufenen 
Habsburger oder Habsburg-Lothringer hatte seit Jahr¬ 
hunderten den Ehrgeiz gezeigt, bevor er Kaiser wurde, noch 
ein großer Heerführer zu werden. Vielleicht muß für 
Joseph II., der mehr Lothringer als Habsburger war, eine 
Ausnahme gemacht werden. Am Wiener Hof war der 
militärische Geist niemals sehr stark ausgeprägt: gewiß 
wurde für das stehende Heer jederzeit alles getan, was 
möglich war, vor allem das erforderliche Geld — oft mit 
großen Schwierigkeiten — aufgebracht. Weder Joseph II., 
noch Kaiser Eranz waren Herrscher, die dem Kriege als 
stärkstem Mittel der Könige etwa widerstrebt hätten. Von 
Kaiser Eranz läßt sich sogar behaupten, daß er immer 
bereit war, Kriege zu führen. Seine Minister Thugut, Collo- j] 
redo, Cobenzl unterstützten ihn dabei. Persönlich nahm er • 
aber keinen Anteil an dem Kriegshandwerk. Auch während 
der vielen schweren Niederlagen, die die Heerführer 
Eranz II. erlitten, blieb sein Gleichmut unerschüttert. 
Ebenso ruhig nahm er auch die Siege hin. 
Die tatsächliche militärische Begabung des Erzherzogs 
Karl, durchaus etwas Ungewöhnliches im Erzhause, war 
3 Redlich, Kaiser Franz Joseph 
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