Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

darauf, in diesen beiden großen Gebieten des Staatslebens 
sich persönlich durchzusetzen: in Außenpolitik und Heer¬ 
wesen. Hier, als Träger und Leiter der alten Großmacht 
war ihm — das wußte er von Anbeginn an — durch die 
dualistische Reichsverfassung eine große monarchische Ge¬ 
walt erhalten geblieben, allen Spitzfindigkeiten des un¬ 
garischen Yerfassungsrechtes und aller Unberechenbar¬ 
keit des Parteikampfes des österreichischen Parlamentes 
zum Trotz. Auf diesem Gebiet ein wirklicher Herrscher 
in dem alten Sinne zu sein, in dem Franz Joseph durch 
seine ersten zehn Regierungsjahre unbeschränkter Herr 
gewesen war, das war und blieb der Mittelpunkt des 
ganzen persönlichen Strebens und des Herrscherdas eins 
Franz Josephs bis in seine alten Tage. 
Die wundersame Einrichtung der Delegationen ermög¬ 
lichte ihm das in weitem Ausmaße. In der österreichischen 
Delegation bildeten die zwanzig Mitglieder des Wiener 
Oberhauses eine Art von verläßlicher außenpolitischer 
Leibgarde des Kaisers. In Ungarn verbürgte der parlamen¬ 
tarische Ministerpräsident das gleiche Ergebnis. Die Mi¬ 
nister des Äußeren standen zwar formell unter parlamen¬ 
tarischer Verantwortlichkeit, aber auch schon in diesem 
ersten Dezennium kaiserlicher und königlicher Regierung 
wußte jedermann, daß, solange der Kaiser den Außen¬ 
minister persönlich im Amte halten wollte, seine Politik 
von den Regierungen der beiden Staaten gedeckt werden 
mußte. Seine Minister des Äußeren hat der konstitutionelle 
Kaiser und König nie schnell gewechselt, sie waren seine 
dauerhaftesten Berater. In dem ersten Jahrzehnt des dua¬ 
listischen Regimes und darüber hinaus gab es nur zwei 
Minister des Äußeren: Graf Beust und Graf Andrassy. Ver¬ 
folgt man die Außenpolitik der Österreichisch-ühgarischen 
Monarchie in diesem Jahrzehnt in den jetzt offen stehen¬ 
den Archiven, so fällt einem in die Augen, wie stark der 
persönliche Anteil Franz Josephs an ihr gewesen ist. 
Man kann schon von der Zeit von 1867 bis 1879, aber nicht 
minder auch von den folgenden Jahrzehnten behaupten, daß 
Franz Joseph in der Außenpolitik seines Reiches immer 
der entscheidende richtunggehende Faktor geblieben ist, ; 
daß in der großen Machtpolitik und diplomatischen Arbeit 
des Wiener Kabinetts nie etwas geschehen ist, was dem 
Kaiser wider seinen Willen etwa aufgedrungen worden 
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