Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Es entsprach ganz ihrer aktiven Natur, daß ihr aus den 
Erfahrungen der Sturmtage vor allem der Vorsatz erwuchs, 
der Scheinherrschaft des gutmütigen Ferdinand bald ein 
Ende zu machen, vor allem aber zu diesem Zwecke die 
Männer um den Hof zu sammeln, die imstande wären, nicht 
j nur den Widerstand gegen ein Eortschreiten der Revolution, 
sondern auch die planmäßige Gegenrevolution von oben 
aus zu organisieren. Fürst Alfred Windischgrätz, der Kom¬ 
mandierende von Prag, der auf Drängen der Erzherzogin 
Sophie am 14. März einige Stunden als Diktator in Aus¬ 
sicht genommen war, dann aber sogleich zurücktreten 
mußte, stand dabei in erster Reihe. Durch ein eigen¬ 
händiges Schreiben berief Erzherzog Franz Karl den Statt- 
I halter von Galizien, den Grafen Franz Stadion, der als das 
I stärkste Talent der hohen Bürokratie galt, zu sich nach 
Wien. Die der Erzherzogin nahestehenden kirchlichen 
Kreise, in erster Reihe der Erzabt Otmar Rauscher, ihr 
vertrautester Gewissensrat, gaben der stolzen Frau mora¬ 
lischen Rückhalt. In diesen Kreisen gewann der große Plan 
(der Erzherzogin Leben und Kraft: die Gegenrevolution 
mußte planvoll vorbereitet werden, ihr Ziel mußte die Ab¬ 
dankung des Kaisers Ferdinand sein, der für Österreich 
die Konstitution gewährt, neuerdings auch den ungarischen 
Rebellen die neuen Verfassungsgesetze nach den Entwürfen 
Kossuths bewilligt hatte, in dessen Namen eine von dem 
schwachen, liberalen Bürokraten Piliersdorf gebildete Re¬ 
gierung der Wiener „Straßendemokratie“ unablässig Kon¬ 
zessionen einräumte. Sobald die Revolution aufs Haupt ge¬ 
schlagen war, mußte Ferdinand seine Krone niederlegen 
und ihm mußte sogleich der junge Erzherzog Franzi auf 
den Thron folgen. Sie selbst, die Erzherzogin Sophie, war 
fest entschlossen, das Thronfolgerecht ihres Gatten und- 
ihren eigenen Anspruch auf die Würde der Kaiserin zum 
Opfer zu bringen. Sie zweifelte nicht, daß sie ihren Gemahl 
dazu bewegen würde. Nur wenn die Unbefangenheit und 
Kraft der Jugend das Zepter führte, konnte die Revolution 
(gebändigt, das Reich neu aufgebaut werden und eine starke 
monarchische Gewalt würde dann imstande sein, alle Völ¬ 
ker und Länder des Reiches in eine sie gleichmäßig um¬ 
schließende Form einzufügen und sie vereinigt wieder dem 
kaiserlichen Herrscherwillen dienstbar zu machen. Das war 
nicht nur der leitende Gedanke der Erzherzogin Sophie, 
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