Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

IX. Kapitel 
Die Aera der konstitutionellen 
Experimente Franz Josephs 
In der Tat war das unerwartet schnelle Abbrechen des 
Krieges vor allem durch die Nachrichten gerechtfertigt, 
die Franz Joseph vor und hach Solferino aus dem Inneren 
seines Reiches empfing. Der Verlauf des Kampfes in Ober¬ 
italien wurde von allen Klassen der Bevölkerung Öster¬ 
reichs als wahre Schmach empfunden: die Unfähigkeit 
Gyulays und, mit Ausnahme Benedeks, fast aller Korps¬ 
führer, die Unzuverlässigkeit italienischer und ungarischer 
Truppenteile, die nur zu schnell bewahrheiteten Gerüchte 
über schwere Korruption in der Verpflegung der Armee, 
die den Handel und die Industrie bedrückende tiefe Ent¬ 
wertung des österreichischen Papiergeldes — alles dies 
zusammen gab Anlaß zu schärfster Kritik, die sich gegen 
jene Männer wendete, die man als die eigentlichen Träger 
des autokratischen Regimes ansah und als Urheber des, wie 
Graf Rechberg später schrieb, „weder diplomatisch noch 
finanziell, noch militärisch vorbereiteten Krieges.“ Vor 
allem traf der öffentliche Haß den Minister Dr. Bach und 
den Grafen Grünne, welch letzteren man als den lang¬ 
jährigen allmächtigen Berater des Kaisers in militärischen 
Dingen für den Hauptschuldigen an der Berufung Gyulays 
zum Oberkommandanten und an den verfehlten Besetzun¬ 
gen wichtiger militärischer Kommanden ansah. Die tiefe 
Unzufriedenheit der breiten bürgerlichen Schichten in Wien 
war so stark und fand so nachhaltigen Ausdruck in der 
liberalen Wiener Presse, daß nur mit Vorsicht die be¬ 
stehenden Zensurvorschriften und polizeilichen Funktionen 
aufrecht erhalten werden konnten. Dies umsomehr, als sich 
die Stimmung'vor allem scharf gegen den Kaiser wendete 
sowie gegen den ganzen Hof und auch deutlich gegen die 
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