Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Land fast tausendjähriger Adels Oligarchie; man zeigte da¬ 
her von Wien aus einiges Entgegenkommen, zumal gegen 
die nun in Ungarn auch hervortretende konservative 
Reformströmung, wie sie Graf Stephan Szechenyi verkör¬ 
perte. Schon war aber auch der liberale Gedanke West¬ 
europas in Ungarn durch ausgezeichnete Köpfe vertreten. 
Es waren dies die Jahre, in denen der noch jugendliche 
Franz Deäk und Joseph von Eötvös an die Spitze der 
nationalen Reformbewegung traten und schon tritt auch 
der künftige große Agitator Ludwig Kossuth als der erste 
nationale Journalist des Magyarentums und als hinreißen¬ 
der Yolksredner auf. Schnell entwickelte sich der Strom 
des jungen magyarischen Nationalismus in dem weiten 
Lande. Alle so aufgeregten Kräfte vereinigten sich zu¬ 
nächst in dem Streben nach einem großen Ziel: nach der 
Wiederherstellung des uralten Verfass ungsrechtes des 
Landes, das, im Landtage von 1791 von Leopold II. neuer¬ 
dings feierlich bestätigt, dann unter Franz II. sozusagen 
außer Übung geraten war. Allerdings nicht nur die Wieder¬ 
herstellung des guten alten Rechtes des magyarischen 
Adelsstaates, sondern auch seine Umbildung in einen libe¬ 
ralen konstitutionellen Nationalstaat setzte alle jüngeren 
Kräfte in Bewegung. Die Selbständigkeit und Unabhängig¬ 
keit des Marianischen Königreiches war der tiefste Sinn 
jener historischen Verfassung, welche der Adel gegen die 
Habsburger in 300 Jahren immer wieder mit Waffengewalt 
und durch Gegenkönige zur Geltung gebracht hatte. Seit 
Maria Theresia hatte die kluge Politik dieser Herrscherin 
es verstanden, den Adel mehr und mehr in den Bannkreis 
des Wiener Hofes zu ziehen und so die politische Eigen- 
willigkeit des Magnatentums für fast zwei Menschenalter 
einzuschläfem. Die Zentral-Bürokratie Wiens hatte aber 
seit den Tagen Josephs II. mehr und mehr das Verständ¬ 
nis für Ungarn und seine Verfassung verloren. Dort galt 
Ungarn längst als eine Provinz wie die anderen von Wien 
aus verwalteten Länder und dort betrachtete man die von 
den Königen immer wieder feierlich anerkannten Rechte 
des Landtags und der Komitate nur als Blendwerk, das 
von uralten Zeiten her bloß zum Vorteil des Magnatentums 
bestand, das aber doch zugleich eine lästige Erschwerung 
der kaiserlichen Regierung Ungarns bedeutete. Die magya¬ 
rische Opposition hinwiederum wirkte auch wieder an¬ 
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