Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Am 8. Juli trafen die militärischen Unterhändler zu¬ 
sammen und schlossen den Waffenstillstand ab; am sel¬ 
ben Tage schlug Napoleon seinem kaiserlichen Gegner ein 
persönliches Zusammentreffen in YiUafranca vor. Am 
nächsten Tage überbrachte Prinz Alexander von Hessen, 
der österreichische General und Schwager des Zaren Alex¬ 
ander II., die zusagende Antwort Franz Josephs, und so 
fand am 10. Juli die Entrevue der beiden Kaiser statt. Das 
Resumö der mündlichen Abmachungen der beiden Herr¬ 
scher brachte am nächsten Tage Prinz Napoleon — der 
Todfeind Österreichs! — dem österreichischen Herrscher, 
der sodann den Entwurf und die Vorschläge Napoleons 
Unterzeichnete. Napoleon III. richtete hierauf einen Brief 
an Franz Joseph, der ebenso charakteristisch ist wie des 
letzteren Antwort vom selben Tage. Zur weiteren Verstän¬ 
digung über einzelne Punkte des Abkommens entsandte 
Franz Joseph den Minister des Äußern, Grafen Rechberg, 
zu Napoleon, der hierauf nach Frankreich zurückkehrte 
und am 24. Juli ein neuerliches vertrauliches Handschrei¬ 
ben an Franz Joseph sandte, welches letzterer am 2. August 
beantwortete. Mit einem Handschreiben Franz Josephs 
vom 18. August setzte die letzte schriftliche Verhandlung 
zwischen den Souveränen ein; die Antwort des französi¬ 
schen Imperators vom 26. August und Franz Josephs Er¬ 
widerung hierauf vom 14. September, die schon nach dem 
Beginn der in Zürich gepflogenen endgültigen Friedens¬ 
verhandlungen geschrieben worden sind, beendigten diese 
große, für Österreich so folgenreiche, durch beide Souve¬ 
räne aus eigenem Entschluß begonnene und geheim durch¬ 
geführte Friedensaktion5). 
Die Probleme, vor die sich Franz Joseph gestellt sah, 
als er so überaus schnell Waffenstillstand und Friedens¬ 
schluß verhandelte, sind gewiß sehr charakteristisch für 
die Persönlichkeit des jungen Kaisers. Nach dem Rück- 
zug von Solferino hatte er sich sogleich innerlich bereit 
5) Dieser ganze Briefwechsel ist trotz verschiedener Anspielungen auf 
ihren Inhalt in der französischen Literatur über den Krieg von 1859 voll¬ 
kommen unbekannt geblieben, bis der italienische Historiker und Sena¬ 
tor Francesco Salata die betreffenden Dokumente im Wiener Haus-, Hof- 
und Staatsarchiv, das von der Regierung der österreichischen Republik 
bekanntlich in liberalster Weise allgemein zugänglich gemacht worden 
ist, einsah und die Abschriften dieser Briefe in einem Aufsatze in der 
Nuova Antologia im Dezember 1923 veröffentlichte. 
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