Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Auch Seine Majestät war sehr ernst und sagte mir, daß in 
Toscana eine Militärrevolution ausgebrochen sei.“ Nun 
erfolgte die Entlassung des Grafen Buol. allerdings in 
sehr gnädiger Weise. Eranz Joseph hoffte darnach viel¬ 
leicht doch noch den Zaren und die russische Regierung, 
für welche Graf Buol immer das rote Tuch in Wien be¬ 
deutete, zu einer freundlicheren Stellungnahme zu bewegen. 
Und nun wurde Graf Gyulay zum Oberkommandanten der 
Armee ernannt, obgleich sich dieser wochenlang dagegen 
gewehrt hatte, sich selbst die Fähigkeit zu einer solchen 
Stellung absprach und durch den Generaladjutanten 
Grünne den Kaiser hatte dringlichst bitten lassen, ihm 
nicht diese Aufgabe anzuvertrauen. Zur Charakteristik der 
durch die Selbstherrschaft des jungen Eranz Joseph in 
Österreich geschaffenen Verhältnisse ist es vielleicht gut, 
hier eine Anekdote anzufügen, die ich noch in meiner Ju¬ 
gend von vielen Seiten habe erzählen hören und die sicher 
auf Wahrheit beruht. Es wird nämlich berichtet, daß Graf 
Grünne schließlich dem unglückseligen General Grafen 
Gyulay als Antwort auf seine Ablehnung geschrieben habe: 
„Was fällt Dir denn ein? Was der alte Esel der Radetzky 
mit achtzig Jahren gekonnt hat, wirst Du auch noch zu¬ 
stande bringen.“ 
Inzwischen gelangten an die Regierung die bedenklich¬ 
sten Nachrichten von der durch den drohenden Krieg er¬ 
weckten Stimmung der Bevölkerung in Ungarn. Der Kaiser 
hörte alles ruhig an, ließ aber nicht verkennen, wie ernst er 
gestimmt war. Graf Buol zeigte, als er von der Minister¬ 
konferenz Abschied nahm, nochmals sein mangelndes diplo¬ 
matisches Urteil. Wie General Kempen berichtet, stellte 
er folgende Hypothese auf: „Entweder siegt Österreichs 
Armee oder sie wird geschlagen. Im ersteren Falle sind 
die Folgen der Niederlage unserer Gegner unberechenbar, 
im letzteren Falle schart sich ganz Deutschland um das 
bedrängte Österreich.“ Wie unbegründet diese Hoffnung 
war, sollte Graf Buol nur zu bald erfahren! Zu seinem 
Nachfolger ernannte der Kaiser den Grafen Bernhard von 
Rechberg, einen ehrenhaften, nicht leicht zu behandeln¬ 
den und vielfach erfahrenen Diplomaten aus des Fürsten 
Metternich Schule. Aber auch das größte diplomatische 
Ingenium wäre nicht mehr imstande gewesen, die schweren 
Fehler gutzumachen, welche die Selbstherrschaft Franz 
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