Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

aller Neuerungen in Staat1 und. Gesellschaft, zur Unter¬ 
drückung aller Versuche, den politischen Idealen und Ziel¬ 
punkten der neuen bürgerlichen Gesellschaft auch nur die 
geringste Geltung zuzuerkennen oder gar den Lehren von 
der Mündigkeit der Völker und von der Notwendigkeit 
eines voll ausgebildeten Rechtsstaates freien Eingang nach 
Österreich zu bewilligen. Von den nichtdeutschen Völ¬ 
kern der Monarchie waren es die Italiener, welche der 
im Sturm der Revolution und dann im Kampf gegen 
die Napoleonische Weltherrschaft aufgetauchte neue 
Nationalgedanke zuerst und am stärksten erfaßt hatte. 
Aber auch die Magyaren und die Südslaven wurden als¬ 
bald von dieser stärksten der neuen gesellschaftlichen und 
politischen Kräfte erfaßt. Alle diese Völker fühlten sich 
von dem fremdsprachlichen Polizeiregime der kaiserlichen 
Regierung doppelt bedrückt: als Staatsbürger und als 
national empfindende Volksgenossen. Überall waren es 
natürlich anfänglich nur die Gebildeten der oberen Klas¬ 
sen, die erst zu Gegnern, bald zu erbitterten Feinden der 
Regierung und des sie umfassenden Kaiserreichs wurden. 
Denn noch schliefen die bäuerlichen Massen in den weiten 
Ländern der habsburgischen Monarchie ebenso wie das 
altangesessene Bürgertum in den zumeist kleinen Städten 
ihren politischen Schlaf ungestört weiter. Die Ehrlichkeit 
des von der Regierung streng und endlos kontrollierten 
Beamtentums, die trotz der Weitläufigkeit des Verwal¬ 
tungsapparates technisch hervorragenden Leistungen der 
staatlichen Administration, die günstigen Auswirkungen 
der zu Beginn des Jahrhunderts vollendeten, bewunde¬ 
rungswürdigen Kodifizierung des Rechtes in allen seinen 
Zweigen, alles dies bildete für den Mittelstand noch immer 
eine gewisse Schutzwehr gegen die von der schmalen 
Schicht der neuzeitlich gesinnten Intellektuellen getra¬ 
gene und immer stärker verbreitete Unzufriedenheit mit 
den öffentlichen Zuständen. 
Solche Stimmungen einer immer schärfer sich ausspre¬ 
chenden Kritik wurden bestärkt, als der bürokratische 
Absolutismus und das Beharrungssystem des Kaisers Franz 
nach dessen Tode eine unnatürliche Verlängerung fanden in 
der Scheinherrschaft des geistesschwachen Kaisers Ferdi¬ 
nand, für welchen ein „Staatskonferenz“ genanntes Trium¬ 
virat regierte: es bestand aus einem Agnaten des Hauses,
	        
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