Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

Je mehr der junge Kaiser sich als gerechter, aber stren¬ 
ger Herr zu erweisen bemühte, desto mehr wendete sich 
die öffentliche Meinung von ihm ab, zumal aller jener, die 
auch für den österreichischen Herrscher den Ansatz zu 
liberaler Gesinnung für notwendig hielten. In jener Zeit 
trat die historische, großenteils legendenhafte Auffassung 
vom Kaiser Joseph II., dem „Schätzer der Menschheit“, 
in neuen Glanz: die Abgeschlossenheit, die Unzugänglich¬ 
keit des jungen Kaisers entfremdeten ihm die Sympathie 
gerade der besten Schichten der Reichshauptstadt. 
Die Aufhebung der Verfassung war ohne jeden lauten 
Widerspruch der Völker vor sich gegangen: Gendarmerie 
und Polizei hatten diese daran gewöhnt, ihre politischen 
Gedanken und Empfindungen im tiefsten Innern zu ver¬ 
schließen. Die Emigration wühlte zwar trotz der eifrig ge¬ 
pflegten Spionage, zumal in den italienischen Provinzen 
sowie in Ungarn, mit großer Zähigkeit fort; zur selben Zeit, 
als im Januar 1853 die Gefängnisse in Ungarn zahlreiche, 
der Vorbereitung von Umsturzplänen Verdächtige in sich 
schlossen, und als es den Agenten Mazzinis gelungen war, 
gegen österreichische Offiziere und Soldaten in Mailand 
eine Anzahl besonders tückischer blutiger Angriffe durch¬ 
zuführen, machte sich die vom Ausland her gegen die 
österreichischen Machthaber betriebene Mordtaktik auch 
dem Kaiser selbst fühlbar. Am 18. Februar 1853 stürzte sich 
der zweiundzwanzig jährige magyarische Schneidergeselle 
Janos Libenyi unversehens auf den mit seinem Adjutanten 
die Glacisanlagen passierenden jungen Kaiser und verwun¬ 
dete ihn durch einen mit aller Kraft geführten und nur 
durch die Schnalle des Uniformkragens abgelenkten 
Messerstich. Der Attentäter hatte dem Kaiser eine schwere, 
aber nicht gefährliche Verletzung zugefügt. Nach einigen, 
von schweren Besorgnissen nicht freien Tagen — das 
Augenlicht des Kaisers erschien zeitweilig erheblich ge¬ 
schwächt und gefährdet — ging die Heilung im übrigen 
glatt vor sich. Die furchtbare Tat wirkte auf die Be¬ 
völkerung Wiens stark zu Gunsten des Kaisers ein: bei 
seiner ersten Ausfahrt kam es zu durchaus unvorbereiteten 
echten und umso wertvolleren Äußerungen des Willkom¬ 
mens der Bevölkerung. Man fühlte mitleidsvoll mit dem 
jungen Monarchen, der tapfer Stand gehalten hatte und 
unmittelbar nach dem Vorfall äußerte, es gewähre ihm auf 
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