Volltext: Kaiser Franz Joseph von Österreich

vor allem die Führung der äußeren Politik inmitten der 
immer drohender sich gestaltenden Verwicklungen der 
Großmächte dem jungen Monarchen auferlegten, scheint 
er gerade deshalb leicht getragen zu haben. Noch nicht 
vierundzwanzig Jahre alt, von blühender Gesundheit, in 
vollster Kraft hatte Franz Joseph sich längst in seine 
Stellung als Selbstherrscher vollständig hineingefühlt, sein 
Selbstvertrauen war in den zwei Jahren seit dem Tode 
Schwarzenbergs sehr stark, gewiß zu stark entwickelt wor¬ 
den. Er fand nirgends ernsten Widerspruch gegen das, was 
er wollte. Die Armee liebte den jungen, energischen, muti¬ 
gen, oft fast übermütigen Kriegsherrn, der uralte Marschall 
Radetzky ebenso wie der jüngste Leutnant: das hörte der 
junge Fürst von allen Seiten. Die Minister erfüllten ihm 
seinen Willen und der leitende Kopf in der Regierung, 
Dr. Alexander Bach, von dem Erzherzogin Sophie und 
Kardinal Rauscher immer nur mit hoher Achtung und Be¬ 
wunderung sprachen, führte die große Reorganisierung der 
gewaltigen Staatsmaschine auf den Grundlagen, die das 
Staatsstreichpatent vom 31. Dezember 1851 festgelegt hatte, 
umsichtig durch, ganz nach Franz Josephs Ideen. Er 
wußte und fühlte täglich: er war nun wirklich, was er 
immer sein wollte, ein wirklicher Herrscher, wie er sich 
ihn ausgedacht hatte. Und nun hatte er den für sein 
menschliches Dasein wichtigsten Schritt getan, der ihn 
zunächst—vielleicht zum ersten Mal seitdem er den Thron 
bestieg, zu einem Glücklichen gemacht hatte. 
Der Biograph muß sich hüten, in den Glanz dieses ohne¬ 
dies so kurz bemessenen Lebensabschnittes des Kaisers 
die Schatten späterer Perioden seines Lebens schon herein¬ 
tragen zu wollen. Der junge Franz Joseph, das steht fest, 
war während der fünf ersten Jahre seiner kaiserlichen Herr¬ 
schaft durch den Hof und die dort selbstverständlich 
immer reichlich aufschießende Liebedienerei nicht ver¬ 
dorben worden, was seine jungmännliche Reinheit be¬ 
trifft. Er ist gewiß nicht ganz „unschuldig“ geblieben, 
aber das ist nebensächlich, und es ist zweifellos, daß 
er als ein reiner Mensch in die Ehe eingetreten ist. 
Seit dem Winter 1850—51 hatte das Hofleben in der 
alten Burg in Wien wieder neuen Aufschwung genom¬ 
men: die Kaiserin-Mutter bildete den Mittelpunkt, der 
neue Herr des Reiches, der doch so jung war, ohnehin 
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