Volltext: Juli bis Dezember 1915 (2 ; 1916)

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Judikat Nr. 235 ist die Grundlage für eine gerechte und billige Aufteilung 
der Kriegslast geschaffen worden und in den beteiligten Kreisen wieder Be¬ 
ruhigung eingetreten. Auch sonst hat'sich in der Wohnungsftage eine Anpassung 
an die Kriegszeit vollzogen und es ist glücklicherweise die Besorgnis, mit der 
man der Entwicklung dieser vom sozialpolitischen Standpunkt wichtigen Frage 
entgegensah, unbegründet gewesen. Nicht zum wenigsten haben zu einer befrie¬ 
digenden Lösung die durch die Sachlage gebotenen Maßnahmen der Finanz¬ 
verwaltung beigetragen. Ein Eingreifen der Gesetzgebung aus Anlaß des 
Krieges erwies sich bisher nicht als notwendig. 
Verlust der Advokatur wegen Verlaffens des Staats¬ 
gebietes. 
Teils kurz vor Ausbruch des Krieges, teils während seines Verlaufes 
hat eine größere Anzahl von Advokaten und Advokaturskandidaten ihren 
Wohnsitz verlassen und sich zum Teil ins neutrale oder feindliche Ausland 
begeben. Der Aufenthalt einzelner ist nicht bekannt. Es bestand die Gefahr, 
daß sich diese Personen, gegen die zum mindesten der Verdacht einer Ver¬ 
letzung der Treuepflicht gegen ihren Staat sehr begründet ist, nach Schluß 
des Krieges, wenn dieser nicht die von ihnen erwartete Wendung nimmt, 
in ihren Wohnsitz zurückbegeben, um ihre advokatorische Tätigkeit wieder 
aufzunehmen, ohne daß es möglich wäre, aus ihrem Verhalten während 
des Krieges die entsprechenden Folgerungen zu ziehen, da ein Teil der 
Disziplinarräte der Advokatenkammern derzeit seine Tätigkeit nicht in 
vollem Maße ausüben kann und späterhin die Ermittlung des Sachverhaltes 
auf Schwierigkeiten stoßen muß. 
Um diesen: Übelstand vorzubeugen und unzuverlässige Personen von 
dem für die Staatsverwaltung und Rechtspflege gleich wichtigen Amte der 
berufsmäßigen Parteienvertretung auszuschließen, hat die 
Kaiserliche Verordnung vom 24. Dezember 1915, 
R. G. Bl. Nr. 394, 
verfügt, daß Personen der oben bezeichneten Art bis 31. Jänner 1916 
nach Österreich zurückzukehren und ihre Abwesenheit dem Justizministerium 
gegenüber zu rechtfertigen oder doch diese Pflichten, wenn ihrer Erfüllung 
ein unüberwindliches Hindernis entgegensteht, das der Abwesende nicht selbst 
verschuldete, sofort nach Wegfall des Hindernisses zu erfüllen haben. 
Gegen Advokaten oder Advokaturskandidaten, die dieser Vorschrift 
zuwider nicht rechtzeitig nach Österreich zurückgekehrt sind oder ihre Abwesen¬ 
heit nicht zu rechtfertigen vermögen, hat der Oberste Gerichtshof auf Antrag 
des Generalprokurators nach mündlicher, nichtöffentlicher, allenfalls mit einem 
Kurator des Abwesenden abgehaltener Verhandlung auf Streichung von der 
Liste der Advokaten oder Advokaturskandidaten zu erkennen. Advokaten oder 
Advokaturskandidaten, die auf diese Weise von der Liste gestrichen worden 
sind, können nur mit Zustimmung des Justizministers in die Listen wieder 
oder neu eingetragen werden.
	        
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