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Nach Vertreibung des Feindes galt es zunächst, alle Maßnahmen zur
möglichst beschleunigten Instandsetzung der beschädigten Werksanlagen und zur
Hebung der Rohölproduktion zu treffen. Die Weisungen, die zu diesem Behufe
durch die Bergbehörden erlassen worden sind, waren von vollem Erfolge
begleitet. Während beispielsweise im Boryslaw-Tustanowicer Erdölrevier Ende
Juni 1915 nur 93 Bohrlöcher im Betriebe standen, war die Zahl der
Bohrbetriebe Ende Dezember 1915 bereits auf 219 gestiegen. Die Rohöl¬
produktion dieses Reviers hat
im Juni 1915 3126 Zisternen,
und
im Dezember 1915 . 6795 Zisternen
betragen und ist damit hinter der tm ersten Halbjahre 1914 int Boryslaw-
Tustanowicer Erdölreviere durchschnittlich erzielten Monatsproduktion von
7876 Zisternen nicht allzuweit zurückgeblieben. Auch in den anderen galizischen
Erdölrevieren hat die Rohölproduktiou nach Abzug des Feindes eine wesent¬
liche Steigerung erfahren; sie stellte sich im Dezember 1915 bei den
Betrieben
in Schodnica auf 216 Zisternen,
in Urycz auf . . 75 Zisternen,
der anderen im Drohobyczer Revierbergamtsbezirke gelegenen Erdölterrains
auf . . . . 222 Zisternen,
des Jasloer Erdölreviers auf 540 Zisternen,
des Nadworner-Bitkower Reviers auf . . 300 Zisternen
tut Monate.
Beschlagnahme des Rohöles. Das in den galizischen Erdölgebieten gewonnene Rohöl konnte infolge
der Kriegsereignisse durch geraume Zeit^ der Verarbeitung zu den für die
Kriegführung, den Eisenbahnbetrieb, die Industrie, Landwirtschaft und den
allgemeinen Konsum unentbehrlichen Produkten, wie Benzin, Petroleum, Gasöl,
Schmieröle, Paraffin usw., nicht zugeführt werden, so daß mehr oder weniger
in allen Mineralölprodukten eine empfindliche Knappheit eingetreten war. Nach
Vertreibung des Feindes aus diesen Gebieten war es daher geboten, Vor¬
sorgen zu treffen, damit sowohl die Rohölvorräte als auch die laufende Roh¬
ölproduktion so rasch als möglich verarbeitet werden.
Wegen der erheblichen Schwierigkeiten, die sich infolge der kriegerischen
Operationen einem vollkommen geregelten Abschube des Rohöles zu den im
Hinterlande gelegenen Raffinerien entgegenstellten, mußte damit gerechnet
werden, daß der Abschub der hier hauptsächlich in Betracht kommenden, im
Drohobyczer Reviere lagernden Rohölvorräte von rund 50.000 Zisternen viele
Monate tu Anspruch nehmen werde. Da unter diesen Verhältnissen aber die
Raffinerieunternehmungen nicht in der Lage gewesen wären, das Rohöl aus
der laufenden Produktion in ihre Raffinerien zu schaffen und dieses sonach
nnverwertet auf Kosten der Rohölproduzenten hätte gelagert werden müssen,
lag es im eminenten volkswirtschaftlichen Interesse, daß das frisch gewonnene
Rohöl bis auf weiteres in den in der Nähe des Gewinnungsortes gelegenen
Mineralölraffinerien verarbeitet, die daraus gewonnenen Produkte deut Konsuln
ehestens zugeführt werden und die Rohölproduzenten durch die Veräußerung
ihrer Produktion zu den für die Fortsetzung des Erdölbetriebes notwendigen
Geldmitteln gelangen.