Volltext: Bis Ende Juni 1915 ([1] ; 1915)

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Brotkarte. 
der Bevölkerung und insbesondere der Organe der Selbstverwaltung gerechnet 
werden, die hierbei die vollste Unterstützung durch die Regierung erfahren. 
Mit der 
Verordnung des Ministers des Innern vom 28. Juni 
1915, R. G. Bl. Nr. 182, 
wurde die zulässige tägliche Verbrauchsmenge für Unternehmer landwirt¬ 
schaftlicher Betriebe, für deren Angehörige und für landwirtschaftliche Arbeiter- 
auf 400 Gramm Getreide, für alle anderen körperlich schwer arbeitenden 
Personen auf 300 Gramm Mahlprodukte erhöht. Den bei den Erntearbeiten 
unmittelbar beschäftigten Personen wurde schließlich bis 1. September 1915 
eine tägliche Verbrauchsmenge von 500 Gramm Getreide oder 400 Gramm 
Mahlprodukten zugestände)!. 
Zur wirksamen Durchführung der Verbrauchsregelung mußten ent¬ 
sprechende Kontrollmaßregeln geschaffen werden, die ein Überschreiten der zu¬ 
lässigen Verbrauchsmengen hintanhalten und insbesondere verhindern, daß 
dem Minderbemittelten der Bezug der notwendigen Nahrung erschwert 
wird. 
Als eine solche Kontrollmaßregel schien die amtliche Ausweiskarte 
(Brotkarte) geeignet, soweit anderweitige, den örtlichen Verhältnissen ange¬ 
paßte Maßnahmen nicht getroffen werden. Die näheren Einzelheiten über 
die Einrichtung und Ausfolgung der Ausweiskarten wurden den politischen 
Landesbehörden überlassen. 
Eine gleichmäßige und gerechte Regelung des Verbrauches erforderte 
ein Heranziehen der in den Haushaltungen aufgestapelten Vorräte. Den 
Besitzern von Vorräten wurde zunächst nur eine geminderte Brotkarte für 
75 Prozent der Gesamtmenge ausgefolgt, so daß sie für den Rest ihres 
Bedarfes auf ihren eigenen Mehlvorrat angewiesen waren. 
Da aber auch auf Mengen unter 20 Kilogramm — die bei der 
Borratsaufnahme zur Erleichterung der technischen Aufarbeitung vernachlässigt 
wurden — sowie auf Vorräte Bedacht genommen werden mußte, die seit 
dem 28. Februar 1915 angekauft worden sind, so konnte mit den bei der 
Vorratsaufnahme gemachten Angaben nicht das Auslangen gefunden werden 
Alle Haushaltungsvorstände mußten daher bei der ersten Brotkarten¬ 
verteilung ihre vorhandenen Mehl- und Getreidemengen neuerlich angeben. 
Die volle Brotkarte wurde nur gegen die Erklärung ausgefolgt, daß für die 
Personen, die in dem Haushalte (Wirtschaft) verköstigt werden, nicht mehr 
als 2 Kilogramm Mehl oder Getreide für den Kopf vorhanden sind. 
Die Brotkarten werden durch die von der politischen Bezirksbehörde 
bestimmte Stelle (in den Gemeinden, denen die Regelung des Verbrauches 
übertragen wurde, durch die von der Kommune bestimmte Stelle) dem Haus- 
haltungsvorstande für ihn und alle Angehörigen der Haushaltung (Wirt¬ 
schaft), somit auch für Kinder, verabfolgt. 
Die Ausweiskarten sind in sämtlichen Gemeinden des Amtsbereiches 
einer politischen Landesbehörde, in denen solche Karten eingeführt sind, 
gültig, wodurch eine weitgehende Freizügigkeit gewährleistet ist. Überdies kann 
durch Vereinbarungen der beteiligten Landesbehördeu die Gültigkeit der Aus¬ 
weiskarte auch auf Gemeinden benachbarter Kronländer erstreckt werden, was 
in vielen Fällen auch geschehen ist. 
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