Volltext: Bis Ende Juni 1915 ([1] ; 1915)

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Da die Gefahr nahe lag, daß der Notstand, den jeder Krieg im 
Gefolge hat, durch dieses eigennützige 2 reiben der Lebensmittelwucherer bald 
eine weitere Verschärfung erfahren würde, ergab sich die Notwendigkeit, 
gesetzliche Anordnungen zu treffen, die einerseits den Lebensmittelwncher 
unter Strafe stellen und andrerseits die Möglichkeit bieten, die ungesunde 
Spekulation mit du: unentbehrlichen Bedarfsgegenständen tunlichst zu ver¬ 
hindern und die anstandslose Approvisionierung der Gemeinden sicherzustellen. 
Diesen Zweck verfolgte die 
Kaiserliche Verordnung vom 1. August 1914, R. G. Bl. 
Nr. 194, 
mit welcher für die Dauer der durch den Kriegszustand verursachten außer¬ 
ordentlichen Verhältnisse Bestimmungen über die Versorgung der Bevölkerung 
mit unentbehrlichen Bedarfsgegenständen getroffen wurden. Als unentbehrliche 
Bedarfsgegenstände bezeichnet die Kaiserliche Verordnung alle Waren, die 
zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse der Menschen und als 
Nahrungsmittel für Haustiere dienen. 
Vorratsaufnahme und Pflicht Durch die Kaiserliche Verordnung wurde der politischen Landesbehörde 
zur Auskunftserteilung. zunächst das Recht eingeräumt, in ihrem Verwaltungsgebiete nach Bedarf 
die Vorräte an unentbehrlichen Bedarfsgegenständen aufzunehmen, um ein 
klares Bild über die inländischen Vorräte zu gewinnen und den beun¬ 
ruhigenden Gerüchten über Lebensmittelmangel den Boden zu entziehen. 
Erzeuger, Händler, Lagerhäuser und sonstige Verkehrsunternehmungen, 
die unentbehrliche Bedarfsgegenstände vorrätig oder für andere in Ver¬ 
wahrung halten, wurden zur Auskunfterteilung über die Menge und Gattung 
ihrer Vorräte verhalten. Unrichtige Auskunfterteilung wurde als bloße 
Ordnungswidrigkeit unter eine administrative Strafsanktion gestellt, während 
die vorsätzliche Verheimlichung als Vergehen qualifiziert wurde. 
Pflicht der Überlassung an Um die Approvisionierung der Gemeinden zu sichern, legt ferner die 
Gemeinden. Kaiserliche Verordnung nach dem Muster des Gesetzes vom 26. Dezember 
1912, R. G. Bl. Nr. 236, betreffend die Kriegsleistungen, den Erzeugern, 
Händlern und Verkehrsunternehmungen die Pflicht auf, ihre Vorräte an 
unentbehrlichen Bedarfsgegenständen, falls deren anderweitige Beschaffung 
nicht tunlich erscheint, über Anforderung der politischen Landesbehörde gegen 
eine vorläufige, im administrativen Wege festzusetzende Vergütung für die 
Zwecke der Approvisionierung der Gemeinde, die darum ansucht, zu über¬ 
lassen. 
Die vorläufige Vergütung sollte von Sachverständigen nach dem 
gemeinen Werte festgestellt werden. Wer sich mit dieser Vergütung nicht 
zufrieden gibt, kann binnen sechzig Tagen vom Tage der Übergabe der Ware 
seinen Anspruch vor Gericht mittels Klage geltend machen. Die Verpflichtung 
zur Lieferung wird dadurch nicht aufgeschoben. 
Über Vorräte an Bedarfsgegenständen, die sich in Verwahrung einer 
öffentlichen Verkehrsunternehmung befinden und etwa zur Versorgung von 
großen Städten bestimmt sind, kann die politische Landesbehörde nur nach 
eingeholter Genehmigung oder über Weisung des Ministeriums des Innern 
verfügen, damit einer Störung in der Approvisionierung dieser Städte vor¬ 
gebeugt werde.
	        
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