Volltext: Bis Ende Juni 1915 ([1] ; 1915)

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Beteiligung gemeinnütziger 
Bauvereinigungen an der 
Hilfsaktion für Flüchtlinge. 
Beschaffung von Arbeirs- 
Kelegenheiten für Kriegs- 
flücktlinge. 
Neben der Durchführung der individuellen Unterstützung der Flüchtlinge 
hat die Zentralstelle — gleichfalls zum größten Teil aus staatlichen Mitteln — 
eine ganze Reihe von kulturellen und sozialpolitischen Einrichtungen für das 
Wohl der nach Wien geflüchteten Bevölkerung ins Leben gerufen, von 
welchen hier nur der Kinderhort für 1000 Flüchtlingskinder, zwei für 
Hunderte von Flüchtlingskindern bestimmte Kinderheime, zwei Mädchenheime 
für alleinstehende Flüchtlinge weiblichen Geschlechtes, die Kleider- und Wäsche¬ 
verteilungsstelle, das unter der Leitung des Rektors v. Twardowski be¬ 
stehende Studentenheim, die mit dem galizischen Landeshilfsverein gemeinsam 
errichtete Nähstube für weibliche Flüchtlinge, die von Frau Anita Müller 
errichtete spezielle Säuglings- und Wöchnerinnenfürsorge, eine Teestube und 
Suppenanstalt für Flüchtlinge, eine Kohlenbeteilungsstelle, die im Rahmen 
des staatlichen Dienstes eingerichtete Vermißtensuche angeführt seien. Das 
bereits genannte Wiener Hilfskomitee hat ebenfalls, und zwar aus 
eigenen Mitteln, eine namhafte Anzahl von Wohltätigkeitseinrichtungen 
geschaffen, von welchen speziell das Flüchtlingsheim (I., Wallnerstraße 1) mit 
Kinderhorten, Speiseeinrichtungen und Lesehallen für sozial höherstehende 
Flüchtlinge sowie große Ausspeisehallen in anderen Wiener Bezirken zu 
nennen sind. Neben diesen amtlichen, beziehungsweise öffentlichen Einrichtungen 
bestehen in Wien eine große Zahl privater Initiative entsprungene und mit 
privaten Mitteln unterhaltene Fürsorgeinstitutionen (Speiseanstalten, Jausen- 
und Frühstückstuben, Brot- und Kleiderverteilungsstellen re.). 
Ähnlich, wenn auch nicht überall so entwickelt, sind die Einrichtungen 
in den übrigen größeren Flüchtlingsgemeinden und Niederlassungen. 
Die in Betracht kommenden gemeinnützigen Bauvereinigungen (Gemeinde- 
anstalten, Genossenschaften, Gesellschaften, Vereine usw.), die aus den Mitteln 
der staatlichen Wohnungsfürsorge gefördert worden waren, sind nach Klar¬ 
stellung der einschlägigen Rechtsverhältnisse von der Regierung veranlaßt 
worden, zugunsten der Hilfsaktion für Flüchtlinge ihre verfügbaren Räum¬ 
lichkeiten — einzelne Räume, Wohnungen oder ganze Einfamilienhäuser — 
gegen mäßiges Entgelt oder sogar kostenlos zur Verfügung zu stellen. Der 
Erfolg war immerhin beachtenswert, da auf diese Weise 479 Flüchtlings¬ 
familien — unter Wahrung des Dezentralisierungsprinzips —■ in verschiedenen 
Gemeinden untergebracht werden konnten. 
Das Ministerium des Innern hat den gesamten politischen Verwaltungs¬ 
apparat für die Arbeitsvermittlung der Kriegsflüchtlinge herangezogen. 
Hierbei wurde dafür Sorge getragen, daß Flüchtlinge tunlichst nur zu 
solchen Arbeiten herangezogen werden, für welche einheimische Arbeitskräfte 
nicht in ausreichender Menge vorhanden sind. 
Um eine Konkurrenzierung einheimischer Arbeitsloser durch Flüchtlinge 
zu vermeiden, hierbei aber doch letzteren, soweit sie nicht ohnedies in der Land¬ 
wirtschaft und bei militärischen Ballten Verwendung finden können, Gelegenheit 
zu nützlicher Beschäftigung zu bieten, wurde in den Barackenniederlassungeu re. 
die Errichtung von Nähstuben, Schuhmacherwerkstätten und sonstigen Be¬ 
schäftigungsanstalten teils bereits durchgeführt, teils in Aussicht genommen, in 
welchen die Flüchtlinge gegen Gewährung mäßiger Prämien bei Fortgenuß 
der Staatsunterstützung vornehmlich dazu verwendet werden, notwendige 
Gegenstände zur unentgeltlichen Verteilung an ihre Schicksalsgenossen herzu-
	        
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