Volltext: Bis Ende Juni 1915 ([1] ; 1915)

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Seelsorge. 
Ärztliche Pflege. 
Unterstützungswesen. 
vor den Gefahren, die ihre ungewohnte und hilflose Lage mit sich bringen 
kann, bewahren sollen. 
Im Zusammenhange mit diesen pädagogischen und sozialen Einrichtungen 
erfolgte unter Mitwirkung der mit der Besorgung der kirchlichen Angelegen¬ 
heiten der Flüchtlinge betrauten Organe die Schaffung einer nationalen 
Seelsorge, deren Kosten, soweit ihre Deckung nicht bereits gegeben war, eben¬ 
falls die Staatsverwaltung bestritt. 
Ebenso wurde, soweit es die durch den Krieg geschaffenen beson¬ 
deren Verhältnisse gestatteten, von Staats wegen auch für die ärztliche 
Pflege der Flüchtlinge Sorge getragen. So wurden in den Barackennieder- 
laffungen umfassende Spitalseinrichtungen geschaffen, Ärzte zur kostenlosen 
Behandlung zugewiesen und für die notwendige Einrichtung und die Arznei¬ 
mittel gesorgt. Auch für die in den Flüchtlingsgemeinden untergebrachten 
unbemittelten Flüchtlinge hat der Staat, soweit notwendig, die Kosten der 
ärztlichen Behandlung, der Spitalspflege und der Arzneimittel übernommen. 
In den Rahmen dieser Fürsorge gehört auch die Beteilung der 
größtenteils ohne Habe geflohenen Bevölkerung mit Kleidern, Wäsche, 
Schuhen, Decken und anderen unentbehrlichen Gegenständen. Die Spenden 
der öffentlichen und privaten charitativen Stellen haben naturgemäß keines¬ 
wegs hingereicht, um nur annähernd den ersten Ansturm befriedigen zu 
können. Die fortlaufend erforderlichen Nachschaffungen belasten, nachdem die 
privaten Mittel erschöpft sind, nunmehr zur Gänze' den Staat, der, soweit 
nicht die vorerwähnten Beschäftigungsanstalten den Eigenbedarf der Nieder¬ 
lassung decken, durch ausgedehnte Bestellungen gleichzeitig der bodenständigen 
Bevölkerung Berdienstgelegenheit gibt und insbesondere die zahlreichen, zur 
Bekämpfung der Kriegsarbeitslosigkeit geschaffenen Fürsorgeeinrichtungen (Näh- 
stuben und dergleichen) mit Aufträgen für die Flüchtlingsbekleidung beteilt. 
Die ausgebreitetste Organisation der Flüchtlingsfürsorge besteht in Wien. 
Die Beteilung der Flüchtlinge mit Unterstützungen, beziehungsweise 
Darlehen besorgen daselbst drei Stellen, das Wiener Hilfskomitee für Flücht¬ 
linge (Vorsitzender Minister a. D. Dr. v. Biliüski), das ukrainische Hilfskomitee 
(Vorsitzender Abgeordneter Romauczük) und die Zentralstelle für die Für¬ 
sorge für die Flüchtlinge (Leiter Gemeinderat Dr. Schwarz-Hiller). Die 
beiden erstgenannten Komitees erteilen unter Mitwirkung eines Regierungs- 
komitees aus staatlichen Mitteln fortlaufende Unterstützungen, beziehungsweise fort¬ 
laufende Vorschüsse und Darlehen an die in Wien befindlichen Flüchtlinge 
sozial höherer Stände, insbesondere gewisser Berufsgruppen, wie öffentlich 
Angestellte, Lehrer, Geistliche, Advokaten, Notare, Ärzte, Ingenieure re. Die 
Zentralstelle erteilt, gleichfalls aus staatlichen Mitteln, Unterstützungen 
an die nicht speziell höheren Berufen angehörenden, in Wien weilenden 
Flüchtlinge. Das Wiener Hilfskomitee und das ukrainische Komitee erhalten 
für diese Unterstützungen ansehnliche staatliche Wochensubventionen, die Zentral¬ 
stelle verausgabt aus staatlichen Mitteln für die individuelle Unterstützung 
den Betrag von zirka 700.000 K wöchentlich. Schließlich muß als neu¬ 
geschaffene Körperschaft das Komitee für Flüchtlinge aus dem Süden (Vor¬ 
sitzender Dr. Freiherr v. Beck) erwähnt werden, das Hand in Hand mit 
der Regierung aus eigenen Mitteln die südlichen Kriegsflüchtlinge in 
besondere Obhut nimmt.
	        
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