Volltext: Bis Ende Juni 1915 ([1] ; 1915)

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Haftung für Schadenersatz 
bei verräterischen Hand¬ 
lungen. 
säumt hat und deshalb den Beschuldigten freigesprochen sieht, wer des gleichen 
Hindernisses wegen es verabsäumt hat, rechtzeitig seinen Anspruch auf eineZeugen- 
oder Sachverständigengebühr oder den Anspruch auf Entschädigung wegen 
ungerechtfertigter Verurteilung geltend zu machen, dem kann auf sein Ansuchen 
Wiedereinsetzung bewilligt werden. Damit treten alle Rechtswirkungen der 
Versäumnis und alle späteren Prozeßhandlungen, die auf der Säumnis 
beruhen, außer Kraft. 
Schadenersatz bei verräterischen Handlungen. 
Um die abschreckende Kraft der Strafdrohungen gegen verräterische 
Handlungen zu steigern, bestimmt die 
Kaiserliche Verordnung vom 9. Juni 1915, R. G. Bl. 
Nr. 156, 
die Haftung des Verräters für den Ersatz des Schadens näher, der dem 
Staate aus dem Verbrechen entsteht, und verstärkt sie zugleich durch Ein¬ 
führung einer vorläufigen Beschlagnahme seines Vermögens. 
Wer als Militärperson zum Feinde desertiert oder wer in Kriegszeiten 
rechtswidrig die Waffen gegen die österreichisch-ungarische Monarchie oder 
eine mit ihr verbündete Macht führt oder der feindlichen Kriegsmacht durch 
Ausspähung oder in anderer Weise durch Rat oder Tat Hilfe leistet, hat 
wegen seiner verbrecherischen Handlung dem Staate Schadenersatz zu 
leisten. 
Die ausdrückliche Hervorhebung der Rechtswidrigkeit der Handlung 
weist darauf hin, daß sich die Verordnung nicht auf solche von Angehörigen 
eines feindlichen oder neutralen Staates begangene Handlungen bezieht, die 
nach den Grundsätzen des Völkerrechtes, insbesondere den beiden von der 
Monarchie ratifizierten Übereinkommen vom 18. Oktober 1907 über die 
Gesetze und Gebräuche des Landkrieges und über die Rechte und Pflichten 
der neutralen Mächte und Personen im Falle eines Landkrieges (R. G. Bl. 
Nr. 180 und 181 vom Jahre 1913) als erlaubte Handlungen betrachtet 
werden. 
Die verbrecherische Handlung muß eine verräterische sein. Das Wesen 
des Verrates darf aber nicht etwa darin erblickt werden, daß der Täter im 
offenen oder geheimen Einverständnisse mit dem Feinde handeln müsse. Ver¬ 
rat übt vielmehr — ganz abgesehen von ei /.er solchen Verbindung mit dem 
Feinde — jeder, der eine dem Feinde nützliche Handlung begeht, um dessen 
Kriegsziel zu fördern. 
Die Ersatzpflicht des Verräters erstreckt sich auf den unmittelbar oder 
mittelbar durch die Handlung verursachten Schaden. Überdies ist dem Staate 
als Sühne für die begangene Rechtsverletzung eine angemessene Entschädi¬ 
gung zuzuerkennen, die der Richter unter Würdigung aller Umstände zu 
bestimmen hat. Die Ausdehnung der Ersatzpflicht über ben Vermögens¬ 
schaden hinaus, dessen unmittelbarer oder mittelbarer Zusaminenhang mit 
der schädigenden Handlung des Täters nachweisbar ist, findet ihre Begrün¬ 
dung sowohl in der besonderen Verwerflichkeit der Tat, die die Treuepflicht 
gegen den Staat auf das gröbste verletzt, als auch darin, daß solche Hand-
	        
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