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Verletzung einer Amtspflicht.
Verletzung einer Lieferungs¬
pflicht.
Das neue Recht gibt dem Wucherer nicht mehr die Möglichkeit, durch
die sogenannte tätige Reue Straflosigkeit zu erreichen.
Die Strafen sind erheblich verschärft worden.
Verletzung von Amts- und Lieferungspflichten.
Für den gewaltigen Organismus des Heeres und die militärische Ver¬
teidigung des Staates müssen schon im Frieden umfangreiche und viel¬
gestaltige Vorkehrungen, auch wirtschaftlicher Natur getroffen werden. Diese
können im Kriege ihren Zweck nur dann erreichen, wenn alle, die nicht unter
die Fahnen berufen werden, die besonderen Pflichten erfüllen, die ihnen in
solchen Zeiten aus ihrer amtlichen Stellung oder aus ihrer Stellung im
Wirtschaftsleben kraft gesetzlicher Vorschrift oder aus Verträgen erwachsen.
Bei den unübersehbaren Wechselbeziehungen, die unsere weitverzweigte
Arbeitsteilung mit sich bringt, kann die Verletzung solcher Pflichten öffent¬
liche und insbesondere militärische Interessen schwer schädigen. Unter dieser
Voraussetzung soll der Staat berechtigt sein, auch mit den Mitteln des
Strafrechtes einzugreifen.
Im geltenden Rechte hat dieses, den Verhältnissen der Kriegszeit ent¬
sprungene Bedürfnis keine Berücksichtigung gefunden; neue Vorschriften waren
daher notwendig.
Die
Kaiserliche Verordnung vom 25. Juli 1914, R. G. Bl.
Nr. 154,
wendet sich gegen Pflichtverletzungen öffentlicher Beamten. Während des
Krieges muß der Staat vor allem mit voller Zuversicht darauf bauen können,
daß die von ihm bestellten Beamten und ebenso die Gemeinden und deren
Organe die ihnen in bezug auf die militärische Rüstung des Staates vor-
gezeichnete Tätigkeit entwickeln. Die Kaiserliche Verordnung hat deshalb jede
vorsätzliche Verletzung der Amts- und Dienstpflichten, die sich ein öffentlicher
Beamter in bezug auf die Kriegsmacht oder die militärische Verteidigung
der Monarchie zuschulden kommen läßt, als Vergehen unter Strafe gestellt.
Die Tatbestände des Mißbrauches der Amtsgewalt, der Geschenkannahme in
Amtssachen usw. bleiben selbstverständlich unberührt.
Nach dem Vorbilde der Gesetzgebung zahlreicher ausländischer Staaten
(Frankreich, Deutsches. Reich, Niederlande, Italien, Norwegen, Ungarn)
hat die
Kaiserliche Verordnung vom 25. Juli 1914, R. G. Bl.
Nr. 155,
denjenigen mit empfindlichen Strafen (Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren,
Geldstrafen bis zu zwanzigtausend Kronen) bedroht, der seine Pflicht, für
die bewaffnete Macht der Monarchie oder eines Bundesgenossen Gegenstände
des Kriegsbedarfes zu liefern, Kriegserforderniffe oder Truppen zu befördern
oder Arbeiten auszuführen, verletzt, das heißt entweder gar nicht oder in
wesentlichen Punkten nicht erfüllt. Geringfügige Mängel einer Sache, die
ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht beeinträchtigen, gehören nicht
hierher.