Volltext: Bis Ende Juni 1915 ([1] ; 1915)

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Organisation. 
forten aus Leder für die Truppen der Landwehr und des Landsturmes zwecks 
Austeilung an das Kleingewerbe zur Verfügung gestellt. 
Zur Effektuierung der benötigten Liefermengen wurden außer den sonst 
regelmäßig beteilten Genossenschaften auch den weitesten kleingewerblichen 
Produzentenkreisen sehr namhafte Aufträge erteilt. Welchen gewaltigen Umfang 
dieser Zweig der staatlichen Gewerbeförderung seit Beginn des Krieges 
angenommen hat, kann daraus ersehen werden, daß bis Ende Juni 
laufenden Jahres an das Kleingewerbe Lieferungen im Gesamtwerte von 
über 300 Millionen Kronen vergeben wurden, die sich auf Fußbekleidungen, 
Sattler- und Riemersorten, Uniform-, Gewebesorten und Militärwäsche 
verteilen. Bei der Vergebung wurde stets an dem Grundsätze fest¬ 
gehalten, die benötigten Gegenstände nur direkt bei Produzenten in Be¬ 
stellung zu geben. Die beträchtlichen Liefermengen ermöglichten es, daß fast 
durchwegs alle Lieferanbote berücksichtigt und auf diese Weise der infolge der 
kriegerischen Ereignisse in den einzelnen Branchen eingetretenen Arbeitslosigkeit 
wirksam gesteuert werden konnte. 
Abgesehen von den sonstigen Heereslieferungsagenden, bei denen 
es sich um eine Vermittlung von Lieferungen handelt, hat das 
Ministerium für öffentliche Arbeiten eine eigene Spezialaktion, die 
Konfektionierung von Militärleibwäsche, übernommen, deren Durchführung 
dem ,Gewerbeförderungsamte übertragen worden ist. Es handelt sich 
hierbei um die Verarbeitung von Kaliko .zu Wäschegarnituren, die 
aus Hemd und Unterbeinkleid bestehen. Den Kaliko stellte das Kriegs¬ 
ministerium im Wege der Monturdepots bei, die Ausgabe des Stoffes an 
die Arbeitszwischenstellen erfolgte teils im zugeschnittenen, teils im unzu- 
geschnittenen Zustande durch das Gewerbeförderungsamt, welches die fertige 
Ware wieder zu übernehmen und an die Monturdepots abzuliefern hatte. 
Ursprünglich lautete der Lieferungsauftrag des Kriegsministeriums auf eine 
Million Garnituren; die Liefermenge hat sich jedoch mittlerweile nahezu 
verdoppelt. Als Zwischenstellen fungierten in Wien einzelne Genossenschaften 
und sonstige, insbesondere charitative Vereinigungen, außerhalb Wiens in 
den einzelnen Königreichen und Ländern teils die Handels- und Gewerbe¬ 
kammern, teils die Gewerbeförderungsanstalten. Zur Bewältigung der gestellten 
Aufgabe mußte das Gewerbeförderungsamt selbst sich in eine Art von Gro߬ 
betrieb mit zahlreichen Abteilungen verwandeln. Neben den beiden Hauptzwecken 
— den Bedürfnissen der Militärverwaltung rasch und vorschriftsmäßig zu 
dienen und der Arbeitslosigkeit in den in Betracht kommenden Branchen zu 
steuern — wurde auch ein weiterer volkswirtschaftlicher Fortschritt durch die 
nach langwierigen Verhandlungen erfolgte Festsetzung von Minimallöhnen 
erreicht, die mittlerweile — insofern dies nach den gegebenen Verhältnissen 
billig erschien — eine Erhöhung erfahren haben. Der Reinertrag dieses 
Unternehmens wird wieder Zwecken der Gewerbeförderung, insbesondere 
der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in notleidenden Branchen, zugute 
konnnen. 
Es kann mit Genugtuung hervorgehoben werden, daß sich das Klein¬ 
gewerbe bei Sicherstellung des Kriegsbedarfes aller Art als sehr leistungs¬ 
fähig erwiesen und die ihm auferlegte Belastungsprobe sowohl bezüglich der 
Qualität der Lieferung als auch der Einhaltung des Termines erfolgreich
	        
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