Volltext: Feldmarschall Ernst Rüdiger Graf Starhemberg

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Die Türken rücken vor Raab. 
Während aller dieser Rüstungen und Bewegungen im kaiser 
lichen Heere hatte Kara Mustapha das gewaltige türkische Heer 
über Belgrad nach Essegg geführt, wo er mit Tökely zusammentraf, 
den er in demonstrativster Weise ans das Ehrenvollste empfangen ließ. 
Bei dem hier abgehaltenen Kriegsrathe waren aber mehrere Paschas, 
besonders Tökely selbst, gegen eine Belagerung Wiens, wenigstens in 
diesen! Jahre. Sie meinten, man sollte sich vor Allem der »och in 
Ungarn im kaiserlichen Besitze befindlichen Festungen bemächtigen, ehe 
man an weitere Eroberungen dächte. Hartnäckig bei seiner Ansicht 
verharrend, aber über den fast allgemeinen Widerspruch mißmuthig 
und verstimmt, verbarg der Großvezier seinen gefaßten Entschluß, 
schien Tökely's Rath zu billigen und gab nun Befehl, daß das Heer- 
unverzüglich gegen Raab aufbrechen solle. 
Nachdem dieses bei Essegg über die Dran gegangen, war dessen 
erste Waffenthat die Eroberung von Vcßprim. — Am 30. Juni 
langte die gesamnite osmannische Heeresmacht in der Nähe von Raab 
an, und die ganze Gegend wurde mit einer unzählbaren Menge von 
Gezeiten Wagen und Lastthieren überhäuft. Das Kloster auf dem 
Martinsberge bei Raab wurde in die Luft gesprengt, die Vorstädte 
von den Türken in Brand gesteckt und die Festung zur Uebergabe 
aufgefordert. Der Commandant in Raab antwortete: ohne Vertheidi 
gung könne er die Festung nicht übergeben, der Großvezier würde 
daher besser thun, nach Wien zu ziehen, Raab werde sich ohne Schwert 
streich ergeben, sobald Wien in türkischen Händen sei. — Diese Ant 
wort war ganz dem Sinn und den Wünschen Kara Mustapha's 
entsprechend, und so entging Raab der Belagerung. Obschon dieser 
entschlossen war, gerade auf Wien loszurücken, so hielt er doch noch 
vorher Kriegsrath. Hier wiederholte er seine in Essegg ausgesprochene 
Ansicht; abermals widersprachen einige Paschas und riethen, vorher 
das ganze Land zu unterwerfen, dann müsse Wien im nächsten Früh 
jahre von selbst fallen; aber der Großvezier wurde durch diesen 
Widerspruch nur noch mehr in seinem ohnedies schlecht verhehlten Ent 
schlüsse befestigt. Er ließ im Lager falsche Gerüchte über den schlechten 
Vertheidigungszustand Wiens, ebenso mehrere über die kaiserliche Armee 
nachtheilige Nachrichten verbreiten, endlich hatte er schon längst die 
Janitscharen durch Vorspiegelung reicher Beute, die ihrer in Wien
	        
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