Volltext: Feldmarschall Ernst Rüdiger Graf Starhemberg

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27. Juli 1683. 
zu schreiben, dn der erbarmenswerte Zustand Wiens ohnedies allge 
mein bekannt wäre. Gras Starhemberg würdigte dieses Schreiben 
keiner Antwort, und auch Wiens wackere Bürger gelobten auf's Neue, 
bis zum letzten Blutstropfen auszuharren. Der Stadt-Commandant 
gab nun den Befehl, daß sich jeder Bewaffnete bei dem Ertönen der 
großen Glocke von St. Stephan auf seinem Sammelplätze einzu 
finden habe. — Da man stets auf einen Sturm des Feindes gefaßt 
sein mußte, so durfte, zur Vermeidung jeder Irrung, keine andere 
Glocke mehr geläutet werden, und nichts weiter als das eintönige 
Schlagen der Uhren konnte von da an von den übrigen Kirchen und 
Thürmen Wiens mehr gehört werden. 
Tags darauf, am 27., währte das heftigste Geschützfeuer vom 
Morgen bis gegen Abend. — Gegen 4 Uhr Nachmittags versuchten 
die Türken die am 23. Juli gemachte Bresche in der Burgbastion 
neuerdings zu stürmen. Ungeachtet ihrer fanatischen Wuth errangen 
sie abermals keinen Erfolg. Mehrere Janitscharen, man bezifferte sie 
auf 23, waren sogar über die Palissaden mit bloßen Säbeln gesprungen, 
sie wurden jedoch sogleich in den Stadtgraben geworfen und getödtet; 
die Uebrigen zogen sich zurück, indem sie 300 Leichen der Ihren am 
Platze liegen ließen. Die tapferen Vertheidiger hatten den mit Recht 
bedauerten Oberst-Wachtmeister Carl Burkhardt von Gallenfels 
vom Regimente Mannsfeld (Nr. 24) und Oberst-Wachtmeister 
Franz Christoph Montenelli vom Regimente Touches (1809 redn- 
cirt), nebst 40 Mann todt, sowie zahlreiche Verwundungen zu beklagen. 
Für die Besatzung war dieser Verlust um so empfindlicher, da bereits 
die Ruhr in ziemlich bedeutendem Maße zu wüthen begann und eben 
falls zahlreiche Opfer verlangte. FZM. Graf Starhemberg machte 
daher die äußersten Anstrengungen; er verordnete eine allgemeine 
Bewaffnung der noch nicht Dienstleistenden; rücksichtlich des Glocken 
läutens bestimmte er, daß, sobald die große Glocke von St. Stephan 
ertöne, auch alle übrigen Glocken geläutet werden müßten, damit inan 
in jedem Winkel der Stadt wisse, daß alle Bewaffneten auf ihre 
Sammelplätze eilen sollen; wer dagegen handelte und nicht erschien, 
hatte das Leben verwirkt. Auf dem Platze vor dem bürgerlichen 
Zeughause wurden Hellebarden, Pistolen und Springstöcke ausgelegt, 
um jeden Augenblick gebraucht werden zu können. — Der Hof war
	        
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