Volltext: 100 Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges

aus dem Zuge gefallen war, wobei ihm beide Beine abgefahren 
wurden. Die damalige Hetze sei von der Regierung geduldet 
worden, obwohl ihr bekannt war, daß der den Deutschen zur 
Last gelegte Unfall lediglich durch Verschulden des betreffen¬ 
den polnischen Eisenbahnbeamten selbst herbeigeführt worden 
war, ohne daß irgendein Deutscher dabei beteiligt gewesen 
wäre. Das sei der unglaublichste Fall von Verhetzung gewesen, 
der mir je vorgekommen sei. 
Herr Beck schien über diese Ausführungen recht betroffen 
und erklärte nochmals, wie sehr er die Vorfälle vor der Deut¬ 
schen Botschaft bedauert hätte. Er gab zu, daß die Polizei ver¬ 
sagt habe und erklärte, daß der schuldige Polizeioffizier vor 
Gericht gestellt werden würde. Im übrigen meinte er, man 
dürfe die Dinge auch nicht zu pessimistisch ansehen. Die Ver¬ 
ständigungspolitik sei in der Tat nicht immer leicht durch¬ 
zuführen, und er verhehle sich keineswegs ihre Schwierig¬ 
keiten. Er habe namentlich im Jahre 1936 schwere Kämpfe 
bestehen müssen, um diese von Pilsudski inaugurierte Politik 
zur Anerkennung zu bringen; seither begegne er aber in 
politischen Kreisen wachsendem Verständnis dafür. Die 
Gründe für die Verschlechterung der Stimmung während der 
letzten Monate sehe er hauptsächlich in der karpatho-ukraini- 
schen Frage, da man Deutschland die Schuld zuschiebe, daß 
es nicht zu einer gemeinsamen polnisch-ungarischen Grenze 
gekommen sei. 
Ich verwies darauf, daß dieser Behauptung durch die sehr 
klaren Erklärungen von Berchtesgaden der Boden entzogen 
worden wäre und daß es doch wirklich an der Zeit sei, etwas 
gegen die Brunnenvergiftung zu unternehmen. Wir könnten 
es jedenfalls nicht verstehen, wenn die Pressehetze von der 
Regierung geduldet werde und wenn man dem Westverband 
für seine deutschfeindlichen Aktionen freie Hand gebe. 
von Moltke 
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