Volltext: 100 Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges

scheinlichkeit anzunehmen, daß sowohl der Kriegsminister 
wie Marschall Smigly-Rydz die Becksche Politik nicht mit 
ganzem Herzen mitmachen. In diesem Zusammenhang ist auch 
interessant, daß selbst ein alter Vorkämpfer der Verständigung 
mit Deutschland, wie der Chefredakteur des Wilnaer „Slowo“, 
Mackiewicz, unlängst in einem fast sensationell wirkenden 
Artikel Becks Politik angegriffen hat, mit dem Vorwurf, daß 
er über der Freundschaft mit Deutschland die Beziehungen zu 
Frankreich und England vernachlässige und aus dem Zu¬ 
sammengehen mit Deutschland keine entsprechenden Vorteile 
für Polen gewonnen habe. 
Ich habe die ungünstige Entwicklung der hiesigen öffent¬ 
lichen Meinung und die besonders deutschfeindlichen Kund¬ 
gebungen der letzten Zeit, nachdem ich bereits vor einigen 
Tagen das gleiche Thema bei dem Stellvertretenden Vize¬ 
minister Arciszewski angeschnitten hatte, gestern auch noch 
Herrn Beck gegenüber in ernster Form zur Sprache gebracht. 
Herr Beck bestritt nicht, daß die Lage unbefriedigend sei; er 
habe gleich nach seiner Rückkehr vom Urlaub von sich aus 
den Ministerpräsidenten darauf aufmerksam gemacht und bei 
diesem volles Verständnis gefunden. Auf meine Bemerkung, 
daß wir nicht verstehen könnten, warum nicht wenigstens den 
wiederholten Demonstrationen des Westverbandes ein Riegel 
vorgeschoben werde, erwiderte Herr Beck, es sei nicht zweck¬ 
mäßig, lediglich mit Verboten vorzugehen, sondern manchmal 
besser, ein Ventil zu öffnen. Man hätte sich deshalb darauf 
beschränkt, die sehr viel weitergehenden Absichten der 
Demonstranten auf ein geringeres Maß zurückzuschrauben. 
Im übrigen versuchte Herr Beck die gegen Deutschland 
gerichteten Angriffe in ihrer Bedeutung abzuschwächen und 
versicherte, daß die Regierung sich in keiner Weise durch die 
Nervosität der öffentlichen Meinung beeinflussen lasse, sondern 
an der alten politischen Linie festhalte. 
Wenn Herr Beck diese Äußerung auch in sehr bestimmter 
Form machte, so wird man sich doch nicht darüber täuschen 
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