Volltext: 100 Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges

der polnischen Schule zuzuführen, erleiden harte Geldstrafen 
und Freiheitsstrafen. Die Frage der Lehrbücher für die deut¬ 
schen Privatschulen ist trotz jahrelanger Bemühungen offen. 
Die Erteilung der Unterrichtserlaubnis für Lehrkräfte wird 
vielfach versagt. Die Schulaufsicht wird ausschließlich durch 
Polen ausgeübt. Die Schulaufsichtsbehörden zeigen für die 
Eigenart der deutschen Schule kein Verständnis und tragen 
ihr keine Rechnung. 
Eine Zusammenfassung unserer deutschen Jugend in einen 
geschlossenen Verband zu erzieherischer und kultureller Be¬ 
tätigung ist bis heute an dem Widerstand der Behörde ge¬ 
scheitert. Unsere deutschen Kinder sind gerade in dem Alter, 
wo sie für die Erziehung am zugänglichsten sind, sich voll¬ 
ständig selbst überlassen. 
Über diese Punkte, die in gedrängtester Kürze zusammen¬ 
gefaßt sind, liegen der Regierung seit Jahren eingehend be¬ 
gründete Denkschriften und Anträge vor. Sie ist über die An¬ 
liegen der deutschen Volksgruppe im einzelnen genau unter¬ 
richtet. Seit der Verkündung der Verfassung vom 17. März 
1921 haben die Vertreter der deutschen Volksgruppe bei der 
Regierung und in den gesetzgebenden Körperschaften ver¬ 
geblich den Erlaß von Ausführungsgesetzen zu Art. 109* 
angestrebt. Der vorbildliche Gedanke des Art. 109 ist rein 
deklaratorisch geblieben. Die gegenwärtigen Verhältnisse sind 
auf das Fehlen einer klaren Rechtsordnung für die Volks¬ 
gruppe zurückzuführen. 
* Artikel 109 der polnischen Verfassung lautete: 
Jeder Bürger hat das Rechte seine Nationalität ^u bewahren und seine Sprache 
und nationalen Eigentümlichkeiten %u pflegen. 
Besondere staatliche Gesetze sichern den Minderheiten im polnischen Staat 
die volle freie Entwicklung ihrer nationalen Eigentümlichkeiten mit Elilfe von 
autonomen Minderheitsverbänden öffentlich-rechtlichen Charakters im Umfang 
der Verbände der allgemeinen Selbstverwaltung. 
Der Staat wird hinsichtlich ihrer Tätigkeit das Recht der Kontrolle und der 
Ergänzung ihrer finanziellen Mittel im Fall der Bedürftigkeit haben.
	        
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