Lipski — durch den Herrn Reichsaußenminister am 27. März
bekanntlich bereits dahin charakterisiert worden, daß sie keine
Grundlage zur Regelung der aufgeworfenen Frage darstelle.
(Später im Laufe des Gesprächs wiederholte ich, daß die pol¬
nische Antwort für uns keine Diskussionsgrundlage sei.) Ob
Polen mit dieser Haltung gut beraten gewesen sei, werde ja die
Zukunft lehren. Ich fuhr fort, daß ich die für heute nachmittag
angekündigte Mitteilung Chamberlains im Unterhaus noch
nicht gelesen hätte. Treffe aber das zu, was man schon jetzt in
der Presse über die Beckschen Gespräche finde, so wisse ich
nicht, wie das polnische Verhalten mit dem Sinn des Abkom¬
mens von 1934 noch vereinigt werden könnte.
Zu dem letzteren Punkte wollte Lipski erwidern, daß auch
das polnisch-französische Vertrags Verhältnis sich mit dem
Abkommen von 1934 habe vereinigen lassen. Die polnischen
Truppenkonzentrationen in der Gegend von Danzig wollte
Lipski als eine begreifliche Parallelerscheinung mit Truppen¬
bewegungen anderer Länder — wie Ungarn, Rumänien, ja
selbst Norwegen — hinstellen. Vor allem aber erklärte Lipski,
in den Tagen um den deutschen Einmarsch in die Tschecho¬
slowakei ganz ohne Kontakt mit uns gelassen worden zu sein,
woraus im Gegensatz zum September v. J. sich eine begreif¬
liche polnische Nervosität entwickelt habe. Das von Deutsch¬
land an Litauen gerichtete Ultimatum habe die polnischen
Sorgen noch entsprechend vermehrt.
Ich schnitt Lipski das Wort ab, als er von einem „Ulti¬
matum“ an Litauen sprach, machte seine Ausführungen über
Truppenbewegungen anderer — die niemals gegen Polen ge¬
richtet waren — lächerlich und erklärte ihm, es wäre mir ver¬
ständlich gewesen, wenn er sich bei uns jetzt dafür bedankt
hätte, daß wir dem heißen Wunsche Warschaus nach einer
gemeinsamen ungarisch-polnischen Grenze kein Hindernis
bereitet haben. Kurzum, ich wies Lipskis Redensarten mit den
naheliegenden Argumenten gelassen zurück, worauf wir uns
trennten. Weizsäcker
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