Volltext: 100 Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges

Nr. 45 (212) 
Aufzeichnung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts 
Berlin, den 6. April 1939 
Der Polnische Botschafter leitete heute bei einem Ge¬ 
spräch, zu welchem ich ihn hierher gebeten hatte, von sich aus 
über die Beckschen Unterhaltungen in London. Lipski be¬ 
hauptete, im Detail nicht unterrichtet zu sein, jedoch gewisse 
Grundsätze mir gegenüber feststellen zu können. 
1. Polen wünsche an dem Abkommen von 1934 festzuhalten. 
2. Bei den polnisch-englischen Abreden handelt es sich um 
einen bilateralen und rein defensiven Akt; von dem Bei¬ 
tritt Polens zu einem Block sei nicht die Rede. 
Ich habe diese Äußerungen von Lipski mit einigem Lächeln 
entgegengenommen und ihm dann etwa folgendes erwidert: 
Mir sei die Entwicklung der polnischen Politik in der jüngsten 
Zeit nicht mehr begreiflich. Lipski wisse so gut wie ich, unter 
welcher Belastung unser Verhältnis vor der Machtergreifung 
gestanden hätte. Niemand in Deutschland als der Führer hätte 
die großen Konzeptionen des Jahres 1934 haben und mit 
. Polen zur Durchführung bringen können. Unsere Beziehungen 
hätten von da an einen erfreulichen ständigen Aufschwung 
genommen. Im Sinne dieser guten Nachbarschaft habe der 
Führer dann bekanntlich Gespräche mit Polen eingeleitet und 
nicht nur die letzten Differenzpunkte zwischen uns aus¬ 
räumen, sondern in großzügiger Weise die Korridorgrenze für 
Polen sichern wollen. Polen habe dieses Angebot offenbar 
nicht verstanden. Statt mit Freuden zuzugreifen und das Werk 
von 1934 zu vollenden, hätten wir plötzlich in Polen ein merk¬ 
würdiges Säbelrasseln vernommen. Das habe uns zwar nicht 
aufgeregt, stehe aber in seltsamem Kontrast zu der Antwort, 
die wir von Warschau erwarten durften. Auftragsgemäß sagte 
ich, das Angebot des Führers an Polen sei ein einmaliges ge¬ 
wesen. Eine Art von Antwort auf das Angebot, welche die 
Polnische Regierung uns habe erteilen wollen, sei ihm — 
100
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.