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II. Kapitel.
gerungenen litauischen Gebiete zu kommen, war natürlich
durch diese Schlappen noch mehr in seinen Erwartungen
bestärkt. Er wendete sich daher an Plettenberg und stellte
ihm die Lage als zum Angriffe wie geschaffen dar. Allein
Plettenberg ist vorsichtiger und rät abzuwarten; die Er
fahrung hatte ihn gelehrt, was er von der Bundesg-enossen-
schaft Alexanders zu erwarten hatte. 1 ) Plettenbergs Absage
und der Umstand, daß in Moskau alles ruhig blieb und von
Thronstreitigkeiten keine Rede war, bewogen ihn dann, seine
Gesandten zu Vasilij zu schicken. Allein die Forderung der
selben um Herausgabe der von Ivan widerrechtlich an sich
gerissenen Gebiete begegnet nur der kühlen Antwort, der Groß
fürst beherrsche nur die Länder, die ihm von Rechts wegen
und durch Gottes Gnade gehören. 2 ) Ein neuerlicher Einfall
der Tartaren gab Alexander übrigens bald genug zu schaffen
und erst am Totenbette sollte er die Genugtuung eines von
Michael Glinski erfochtenen glänzenden Sieges über die
selben erleben. 3 )
Nun suchte Vasilij, vom Tode seines Schwagers Ale
xander (1506, August 19.) benachrichtigt, durch seine Schwe
ster auf die litauischen Großen zu wirken, daß sie ihn zu
ihrem Fürsten erwählen, wobei er verspricht, in religiösen
Dingen dieselbe Toleranz wie Alexander zu üben. 4 ) Freilich
war dies in der Heimat der Jagiellonen ein vergebliches
Beginnen und die russische Partei war gar nicht in die
Lage gekommen, dieses Anerbieten zu prüfen, denn Sigis
mund war auf die Aufforderung seines Bruders hin an
dessen Krankenbett geeilt und wurde noch von diesem als
Nachfolger eingesetzt.
Mit Sigismund war der Lieblingssohn Elisabeths, der
Habsburgerin auf dem polnischen Throne, zur Herrschaft
gekommen, nachdem zu seiner Versorgung schon die aben
teuerlichsten Pläne aufgetaucht waren. Allein wie viele Auf
!) Solovjev 5, S. 317 (russ.).
2 ) Denkmäler der diplomatischen Beziehungen mit Polen-Litauen, Sbor-
nik 35, S. 480 (russ.).
3) Caro 5, S. 996.
4 ) Denkmäler der diplomatischen Beziehungen mit Polen-Litauen, Sbor-,
nik 35, S. 481 f.