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I. Kapitel.
lieber als der Dank Maximilians. Um aber in nichts zurück
zustellen, mußte auch Vasilij an Philipp ein Schreiben richten,
das inhaltlich natürlich nicht mehr und nicht weniger be
sagte, als ohnehin schon im Schreiben Ivans enthalten war. 1 )
Allein dem Wunsche Hartingers, das Schreiben an
Maximilian in lateinischer Sprache abfassen zu lassen, konnte
oder wollte der Großfürst nicht Rechnung tragen. Und so
treffen wir Hartinger im Oktober 1506, ein Jahr nach dem
Tode Ivans III. und dem Regierungsantritte Vasilijs, wieder
in Moskau. In der Umgebung Maximilians hatte sich nämlich
niemand gefunden, der das Antwortschreiben Ivans hätte
übersetzen können, und man war genötigt, es nach Venedig
zu schicken, wo dasselbe ein Bischof übersetzte, aber so
schlecht, daß gerade die Stelle, in der Ivan von den Liv-
ländern verlangt, dem Bündnisse mit Litauen zu entsagen, voll
ständig unverständlich war und man nicht wußte, ob die Bitte
Maximilians Erfüllung gefunden habe oder nicht. Am Kölner
Reichstage aber hatten sowohl die deutschen Fürsten als
auch der preußische Kanzler und die livländischen Gesandten
Maximilian zur Intervention gedrängt, indem sie darauf hin
wiesen, wie leicht es Maximilian bei seinen freundschaftlichen
Beziehungen mit dem Großfürsten sein werde, die Gefangenen
zu befreien. Im Kreditiv für Hartinger ist auch die Befreiung der
Gefangenen als seine einzige Mission bezeichnet. Hartinger
übergibt auch eine Kopie der mißglückten venezianischen
Übersetzung und bittet um eine authentische Interpretation
des letzten Schreibens; dabei betont er geschickt, er sei der
erste Gesandte, das Ansuchen aber die erste Bitte so mächtiger
Herrscher wie Maximilian und Philipp an den Groß
fürsten. Allein Vasilij war ein ebenso kluger Rechner wie
sein Vater. So verlangt auch er von den Livländern die
Lösung des Bündnisses mit Litauen, ja als Vorbedingung
sogar die Erneuerung des alten österreichisch-russischen
Bündnisses, das Maximilian mit seinem Vater abgeschlossen
hatte. 2 ) Er, der in der äußeren und inneren Politik streng
0 Ibid. 1, S. 133—139.
’ 2 ) Ibid. 1, S. 139—150. Man wollte den ungarischen Reichstagsbeschluß
vom Oktober 1505, der bestimmte, daß im Falle des Ablebens König Wla-
dislaws ohne männliche Erben kein Ausländer, sondern nur ein geborener