Volltext: Das Verhalten der Tschechen im Weltkrieg

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Bobtschew und nicht Kramär, dieser „Freund der Polen", in Händen hatte. 
In der Tat wurde Kramär zum Ehrenpräsidenten des Kon¬ 
gresses gewählt, während Bobtschew der wirkliche Präsident desselben war. 
Kramär hat als Ehrenpräsident dieses Kongresses unter anderem gesagt: „Nicht 
Politik zu treiben, ist ein Axiom des Neoslawismus: die einzig mögliche 
und nützliche Politik ist, Solidarität unter den Slawen zu 
schaffen." 
Eine kennzeichnende Charakteristik dieses Sofioter Kongresses finden sich 
in einem Aufsatz des Organs des Fürsten Trubeckoj im Moskauer ,,fe- 
reneclelnili" vom 17. Juli 1910. Es heißt dort (liest): 
„Die Teilnehmer der Iunifeierlichkeiten konnten drei Beobachtungen machen: 
1. Die Zuneigung unter den Slawen ist größtenteils verkehrt propor¬ 
tioniert zu der materiellen und geographischen Nähe der slawischen Völker. 
Dort, wo diese in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht aufeinanderstoßen, 
kann man bemerken, daß die Entfremdung, das Mißtrauen und die Feind¬ 
schaft wachsen. So verhalten sich die Serben feindlich zu den Bulgaren und 
zu den österreichischen Slawen, die Polen zu den Russen. Hingegen herrscht 
eine idyllische Bereitwilligkeit zur Einigung dort, wo die Slawen von ein¬ 
ander durch Berge und Täler, durch fremde, fremdartige und fremdrassige 
Völker getrennt sind. Die Kroaten empfinden brüderliche Liebe! für die 
Russen, die Tschechen für die Bulgaren und die Serben für die Polen. Die 
Kilometer der Entfernung, das Händedrücken hinter fremden Rücken find die 
beste Bedingung der Annäherung. 
2. Die slawische Einigkeit steht im verkehrten Verhältnisse zu der realen 
Bedeutung der Fragen, welche eine gemeinsame Arbeit der Brüdervölker ver¬ 
langen. Überall aber, wo aktuelle und wichtige politische Probleme in den 
Vordergrund treten, begleitet die Debatten der streitenden Nachbarn nicht 
freundschaftliche Brüderlichkeit, sondern organischer Haß, der mit elementarer 
Gewalt die slawische Stimmung vernichtet. 
3. Und darauf ist das Hauptgewicht zu legen. 
Der einzige Fall wirklicher Annäherung der Slawen auf re¬ 
aler Grundlage hat als Fundament nicht die Erkenntnis der 
slawischen Idee, sondern eines von dem Rassengefühle voll¬ 
ständig unabhängigen praktisch politischen Interesses." 
In solcher Form äußern sich die Beziehungen Rußlands und 
Serbiens, die durch die Feindschaft gegen Österreich-Ungarn 
verbunden sind. Auf einer ähnlichen Basis allgemeiner antideutscher In¬ 
teressen suchte Kramär die Arbeit der österreichisch-ungarischen Slawen auf¬ 
zubauen und wir begreifen heute, nachdem ihm dies nicht gelungen ist, die 
Wehmut, welche über seine Rede gelagert war. 
Nachdem Dr. Kramär seinen Neoslawismus selbst zu Grabe getragen 
hat .. ." (Delegierter Dr. Kramär: 
„Aber das ist mir gar nicht eingefallen!") 
„Aus der heutigen Rede ist das zu schließen. 
Erlauben Sie, meine Herren, daß ich Ihnen noch einen weiteren Beleg 
liefere. 
In welcher Richtung sich die. Arbeit der neuen Freunde des Herrn 
Kramär bewegt hat, das geht aus einem
	        
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