Volltext: Lauriacum

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Erich Swoboda 
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6 m parallel zu Trakt I. Die Mauer zeigt 
die gleiche Technik und Konstruktion wie die 
Ostmauer von Trakt I, ist, wie diese, durch 
einen Sockel betont und biegt an ihrem Nord¬ 
ende, knapp vor dem Mesner-Stöckl, nach 
Osten (hier ca. 90 cm breit). Der Estrich vor 
ihr korrespondiert in Höhe und Beschaffenheit 
mit dem zwischen Trakt I und II festgestellten; 
wo sie auf den nördlichen Mauerzug von 
Trakt II trifft, wurden unmittelbar östlich 
davor 3 Tubuli freigelegt — der erste und dritte 
ohne Seitenlöcher —, die in der Höhe des 
Estrichs auf Lehm standen und mit Ziegel¬ 
platten (15: 16; 20*5:21 cm) abgedeckt waren. 
Weder an den Tubuli noch im Humus, der sie 
ausfüllte, bzw. umgab, waren Brandspuren 
kenntlich; im dritten fanden sich einige tieri¬ 
sche Knochen und eine Münze Valentinians I. 
(364—375) aus der Prägestätte Siscia. 
Suchgräben, die westlich von Trakt I ge¬ 
zogen wurden, trafen nirgends auf Mauern; 
nur an einer Stelle wurde ein Fundament F, 
(hierüber u.), an einer anderen ein Stück Estrich 
vorgefunden (s. Beilage I). Das gehobene Mate¬ 
rial war ausschließlich Humus, von dem 
kleinere Steine und, wie überall im Grabungs¬ 
rayon, Skelette und Teile davon eingeschlossen 
waren; aus dem Suchgraben westl. von Trakt II 
wurde Bauschutt geschöpft. 
In diesem Zusammenhang bleibt noch die 
Fortsetzung der von Groller festgestellten via 
praetoria (RLiÖ XI 1910, Sp. 12) zu erwähnen, 
die in einem Abstand von 6*50 m südlich von 
Trakt II das Gebäude begleitet. Obwohl ihr 
nördlicher Rand wegen der Gräber nicht mehr 
ganz eindeutig zu ermitteln war, dürfte ihre 
Breite in diesem Abschnitt rund 6*6o m (RLiÖ 
XI: 6*20 m; XIV 1924, Sp. 128: 6*20 m) be¬ 
tragen haben. Die Bauart entspricht der ihrer 
schon bekannten Stücke: auf die natürliche 
Lehmschicht ist eine ca. 15 cm starke, fest¬ 
gestampfte Schicht kleiner Kiesel gelegt, die 
mit Kalk und Lehm gebunden sind. 
Was nun den Versuch einer Deutung die¬ 
ser römischen Bauten anlangt, so versteht es 
sich von selbst, daß die Trakte nicht isoliert 
betrachtet werden können, sondern nur ge¬ 
meinsam, unter dem Gesichtspunkt ihrer Zu¬ 
gehörigkeit zu einer größeren Raumeinheit. Zu 
ersterem nötigt die auffallende Gestaltung ihrer 
Grundrisse, die, gesondert zu Rate gezogen, 
keinen rechten Zweck innerhalb der bekannten 
Kategorien von Lagerbauten erkennen lassen, 
zu letzterem der Umstand, daß keiner zur 
Gänze freigelegt wurde. Eine Umschau, an 
welchen der schon in früheren Jahren aus¬ 
gegrabenen Komplexe unsere Mauerzüge even¬ 
tuell angeschlossen werden könnten, führte auf 
das von Groller festgestellte Gebäude C (RLiÖ 
XIV 1924, Sp. 151 ff.; XV 1925, Sp. 103 ff.) 
und seine Kaserne V (RLiÖ XV Sp. 183 ff.). 
Dabei zeigte es sich allerdings, daß die karto¬ 
graphischen Grundlagen für Lauriacum, wie 
sie im RLiÖ zur Verfügung stehen, nicht immer 
wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen 
und erst nach Korrekturen brauchbar werden. 
So bleibt eine Bezugnahme auf schon bekannte 
Bauwerke und demzufolge auch eine Er¬ 
gänzung, bzw. Rekonstruktion des als Einheit 
Geschauten bisweilen eine mißliche Sache. 
Wandel darin wird erst geschaffen sein, sobald 
die von Primarius Dr. J. Schicker neu durch¬ 
geführten Aufnahmen des Lagers und seiner 
Gebäude abgeschlossen sind und in einem Ge¬ 
samtplan vorliegen. Dessenungeachtet aber 
scheint es mir hinsichtlich unserer Gebäude¬ 
reste kein allzu großes Wagnis, schon jetzt 
einen Schritt in dieser Richtung zu gehen. 
Unter Verwendung der mir von Dr. Schicker 
freundlichst überlassenen Skizzen ergab sich 
nach Einzeichnung der Kaserne V, deren Lage 
zur Ostmauer von C Groller in seinen Plänen 
RLiÖ XV Sp. 103 fixierte, und der Trakte 
I—III vorerst eine unmögliche Situation. Ich 
übergehe zunächst die Tatsache, daß die Mauer¬ 
stärken von C in RLiÖ XIV Sp. 153 mit 
i*io—1*20 m angegeben sind, die der Trakte 
I—III jedoch nur 0*65 m, also rund die Hälfte 
betragen; ferner die naheliegende Frage, welche 
Gründe maßgebend gewesen sein konnten, die 
Mauerstärken ein- und desselben Baus von 
einer bestimmten Stelle an um die Hälfte zu 
vermindern, bzw. zu verbreitern, und ob unter 
dieser Voraussetzung der wechselnden Mauer¬ 
stärken die Annahme eines einheitlichen Bau¬ 
werks, C und I—III, gestattet ist; entscheidend 
für unsere Betrachtung ist die Erkenntnis, daß 
Kaserne V unmöglich dort gelegen haben kann, 
wohin sie die maßgerechte Eintragung zunächst 
verzeichnete. Denn die Querstraße würde durch
	        
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