Volltext: Conrad von Hötzendorf

BIS ZUM KRIEGSENDE UNGELÖST 
der Entwurf kam Conrads Auffassung sehr nahe. Auf dieser 
Grundlage entstand ein recht verklausulierter Vertragsentwurf, 
mit dem Conrad am 3. September nach Wien fuhr, um dem 
Kaiser persönlich zu berichten. Naeh dem Wortlaut dieses Ent¬ 
wurfes bestand noch immer die Möglichkeit, daß Maßnahmen 
der obersten Leitung die politischen Interessen der Monarchie 
schädigen konnten. Ein geheimzuhaltender Zusatz sollte diese 
Gefahr ausschalten. Die deutsche Oberste Heeresleitung ver¬ 
pflichtete sich darin, „den Schutz und die Integrität der Gebiete 
der österreichisch-ungarischen Monarchie jenen des Deutschen 
Reiches gleichzuhalten“. 
Der Kaiser und der Außenminister legten Wert darauf, daß 
der Vertrag sofort in Kraft trete; so wurden denn die „Bestimmun¬ 
gen für den einheitlichen Oberbefehl der Zentralmächte und ihrer 
Verbündeten“ schon am 6. September in Pleß durch die beiden 
Generalstabschefs unterzeichnet. 
Wie wenig durch diesen Vertrag der Kern der Frage berührt 
war, bewies schon die nächste Zukunft. Das Generalstabswerk, 
das die widerstrebende Haltung Conrads in dieser Frage be¬ 
sonders stark unterstreicht, kommt zu dem Schluß, „daß Ab¬ 
machungen über eine engere Zusammenarbeit Stückwerk 
bleiben mußten, so lange nicht auch der Zusammenklang der po¬ 
litischen und wirtschaftlichen Kräfte des Vierbundes durch ir¬ 
gendeine Organisation vollkommen gewährleistet war“. 
Bald nach dieser Regelung starb Kaiser Franz Joseph. Kaiser 
Karl übernahm persönlich das Armeeoberkommando. Er wäre 
nach den Vereinbarungen dem Deutschen Kaiser unterstellt ge¬ 
wesen. Um diese dem Begriff der Fürstensouveränität wider¬ 
sprechende Unterordnung zu vermeiden, wurde beschlossen, daß 
in Hinkunft wieder, wie in den ersten zwei Kriegsjahren, die 
beiden Generalstabschefs die nötigen Vereinbarungen im gegen¬ 
seitigen Einvernehmen zu treffen haben. Die Frage des einheit¬ 
lichen Oberbefehls blieb daher bis zum Kriegsende ungelöst. 
Die Frage bleibt unbeantwortet, wie sich das Geschick der 
Mittelmächte gestaltet hätte, wenn sie sich einem bereits im 
Frieden vorausbestimmten gemeinsamen Oberbefehl unterge¬ 
ordnet hätten. Unsere Feinde haben sich spät, aber doch einem 
obersten Willen gefügt — er hat sie zum Erfolg geführt. 
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