Volltext: Conrad von Hötzendorf

CONRAD BLEIBT AUS PFLICHTGEFÜHL 
waren Nachkommen des bewährten Führers, Fürsten Schwarzen¬ 
berg, erschienen. 
Am Abend des 18. Oktober fand ein Festessen zu 450 Ge¬ 
decken statt, nach dem in einem anstoßenden Saal zwanglos der 
Kaffee genommen wurde. Im Gespräch mit Conrad äußerte 
Kaiser Wilhelm den Wunsch, die österreichischen Kommandan¬ 
ten kennenzulernen, die mit Offiziersabordnungen zur Feier ge¬ 
kommen waren. Conrad bemühte sich, mit Hilfe des Militär¬ 
attaches Major Freiherrn von Bienerth, die Offiziere im Gedränge 
zu finden. 
Plötzlich trat der durch die ganze Aufmachung der Feier 
schon sehr gereizte Erzherzog Franz Ferdinand mit der brüsken 
Frage auf Conrad zu: „Was geschieht hier?“ Auf die Antwort, 
daß der Deutsche Kaiser die anwesenden österreichisch-un¬ 
garischen Regimentskommandanten kennenzulernen wünsche, 
herrschte der Thronfolger Conrad an: „Das ist meine Sache! 
Sind Sie der Armeekommandant? Das werde ich mir ausbit¬ 
ten!“ Conrad, durch diese öffentliche Zurechtweisung aufs tiefste 
verletzt, entfernte sich aus dem Saal. Exzellenz Moltke, der 
Zeuge dieser Szene, folgte ihm und beschwor ihn: „Halten Sie 
aus! Jetz£, wo wir einem Konflikt entgegengehen, müssen Sie 
bleiben!“ 
Nach Wien zurückgekehrt, fand Conrad eine wesentlich ver¬ 
schärfte außenpolitische Lage vor; er vermochte es nicht auf sich 
zu nehmen, die Konsequenzen aus diesem neuen Affront zu ziehen. 
Die einzige Genugtuung bot ihm die Versicherung des Vorstandes 
der Militärkanzlei des Thronfolgers, es sei dem Erzherzog sehr 
unangenehm gewesen, bei der Leipzigfeier Conrad gegenüber 
„aus der Hand gekommen zu sein“. 
Ende 1913 hatten sich die politischen Wogen auf dem Balkan 
durch den endgültigen Verzicht des Königs von Montenegro auf 
Skutari vorübergehend geglättet, es blieb aber noch reichlich 
Zündstoff für neue Konflikte. Conrad mußte als pflichttreuer 
Soldat auf seinem Posten ausharren. Für das Jahr 1914 waren 
große Manöver geplant, darunter solche in Bosnien. Diese fanden 
ihren tragischen Abschluß durch den Fürstenmord von Sarajevo. 
Die österreichisch-ungarische Armee mußte statt zu Friedens¬ 
übungen auf die blutige Walstatt des Weltkrieges ziehen. 
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