Volltext: Conrad von Hötzendorf

KONFLIKT MIT DEM THRONFOLGER 
Konsequenzen aus dieser Verletzung seiner Autorität zu ziehen. 
Der bei den Manövern anwesende Kommandant des 2. Tiroler 
Kaiser]ägerregiments, der frühere Flügeladjutant des Thron¬ 
folgers Oberst von Brosch, hatte alle Mühe, Conrad von dem 
Entschluß abzubringen, das Manöverfeld sofort zu verlassen. 
In dem von mir geführten Attachequartier hatten diese Vor¬ 
gänge höchste Sensation ausgelöst. Ich eilte mit dem deutschen 
Militärattache Grafen Kageneck nach dem Standort der Ma¬ 
növeroberleitung, und unseren vereinten Bemühungen gelang 
es, Conrad von dem sofortigen Rücktritt zurückzuhalten. Während 
der folgenden Übungen — darunter eine Attacke von acht 
Kavallerieregimentern gegen intakte Infanterie und Maschinen¬ 
gewehre — stand Conrad stumm neben dem Thronfolger. Un¬ 
mittelbar nach Schluß der Übungen fuhr er nach Wien. 
Er sah seine militärpolitischen Ratschläge abgelehnt, die An¬ 
träge auf Ausgestaltung der Wehrmacht zum Großteil unbe¬ 
rücksichtigt, sein Streben nach kriegsmäßiger Ausbildung durch 
die berufenste Persönlichkeit durchkreuzt und das Vertrauen 
des Thronfolgers in seine Person erschüttert. Daher meldete er 
dem Erzherzog, daß er um seine Versetzung in den Ruhestand 
bitten werde. 
Darauf erhielt er ein Schreiben, worin ihn der Thronfolger 
„inständigst“ bat, in seinem Amte zu verbleiben. Der Ton des 
Briefes und die Begründung der Bitte waren so gehalten, daß 
Conrad blieb. 
Leider kam es wenige Wochen später wieder zu einem recht 
unliebsamen Zwischenfall. Conrad war im Gefolge des Thron¬ 
folgers im Oktober 1913 zur Enthüllung des Volk er schiacht denk- 
mals nach Leipzig gekommen. 
Bei der Zusammenstellung des Festprogrammes hatte offenbar 
die in der preußischen Geschichtschreibung zum Ausdruck kom¬ 
mende Unterschätzung der Leistungen Österreichs während der 
Befreiungskriege fortgewirkt. Dies zeigte sich schon anläßlich 
der Festrede am 18. Oktober. Den österreichisch-ungarischen, 
russischen und schwedischen Gästen war lediglich die Rolle 
von Zuschauern zugedacht, obwohl sich Offiziersabordnungen von 
über zwanzig österreichisch-ungarischen Regimentern in Leipzig 
befanden, die an der Schlacht teilgenommen hatten. Außerdem 
135
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.