Volltext: Österreichisch-ungarisches Rotbuch

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charakteristischerweise, er könne dies dem Generalstabs¬ 
chef mitteilen, denn dieser sehe Seine Majestät alle 
Tage. 
Der Herr Minister sagte mir weiter, es werde heute ein 
Ukas unterzeichnet, welcher eine Mobilisierung in ziemlich 
weitem Umfang anordne. Er könne mir aber auf das aller¬ 
offiziellste erklären, daß diese Truppen nicht dazu bestimmt 
seien, über uns herzufallen; sie würden nur Gewehr bei Fuß 
bereit stehen für den Fall, als Rußlands Balkaninteressen ge¬ 
fährdet würden. Eine note explicative werde dies feststellen, 
denn es handle sich nur um eine Vorsichtsmaßregel, die Kaiser 
Nikolaus gerechtfertigt gefunden habe, da wir, die wir ohne¬ 
dies den Vorteil rascherer Mobilisierung hätten, nunmehr auch 
den so großen Vorsprung hätten. Ich machte Herrn Sazonow 
in ernsten Worten auf den Eindruck aufmerksam, den eine 
solche Maßregel bei uns erwecken werde. Ich müsse bezweifeln, 
daß die note explicative diesen Eindruck zu mildern geeignet 
sein werde, worauf der Herr Minister sich nochmals in Ver¬ 
sicherungen über die Harmlosigkeit (!) dieser Verfügung erging. 
48. 
Graf Berchtold an Graf Szögy6ny in Berlin. 
Telegramm. Wien, 29. Juli 1914. 
Soeben wurde mir von Herrn von Tschirschky mitgeteilt, 
der russische Botschafter habe ihm gesagt, daß er von seiner 
Regierung verständigt worden sei, daß die Militärbezirke von 
Kiew, Odessa, Moskau und Kasan mobilisiert würden. Ru߬ 
land sei in seiner Ehre als Großmacht gekränkt und genötigt, 
entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die russische Mobili¬ 
sierung wird von unseren galizischen Korpskommandanten be¬ 
stätigt und wurde, einer Meldung des k. u. k. Militärattaches 
zufolge, heute auch von Herrn Sazonow dem deutschen Bot¬ 
schafter gegenüber nicht mehr geleugnet. 
Ich ersuche Euer Exzellenz, vorstehendes unverzüglich 
zur Kenntnis der deutschen Regierung zu bringen und hiebei 
zu betonen, daß, wenn die russischen Mobilisierungs- 
Rotbuch. Deutsche Ausgabe. 9
	        
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