Volltext: Die transzendentale Subjekts- und Erkenntnistheorie im 20. Jahrhundert

Wirklichkeit nach ihrem angenommenen Werte als Wissenschaft, 
ermöglicht wird: das ist die methodische Frage der in Kant reif gewordenen 
Philosophie." (1) 
Das zweite wichtige Kennzeichen der transzendentalen Methode im 
Sinne Cohens ist, daß sie "als immanente Methode das Gesetz der 
objektiven Gestaltung nirgends anders aufsuchen kann als in dieser 
objektiven Gestaltung selbst, in der immer im Werk befindlichen, 
nie abgeschlossenen Schöpfung des Kulturlebens der Menschheit", und 
so 'streng objektiven Charakter' bewahrt, sich scharf von jedem 
'Psychologismus' scheidet. (2) Der Psychologismus war die zur 
damaligen Zeit verbreitetste philosophische Ansicht, nach welcher 
die Psychologie streng genommen die 'einzige' Wissenschaft sei, 
da ja die 'Objekte' aller Wissenschaften nur in bestimmter Weise 
aufgefaßte Empfindungen seien, womit sich die Frage nach der 
Organisation der phänomenalen Wirklichkeit in die Frage nach der 
Organisation des erkennenden Subjekts auflöst ... Wenn so die 
Natur als 'Gehirnprodukt' erklärt wird, "so ist doch im bloßen 
Begriff des 'Produkts' alles vorweggenommen, was vom Standpunkt 
der Erkenntniskritik die eigentliche Frage bildet." (3) "Die Analyse 
der Erkenntnis bewegt sich nicht in einem Gebiet, in dem von irgend- 
welchen existierenden Wirklichkeiten und ihrer kausalen Wechsel- 
wirkung die Rede ist, sondern sie entwickelt vor allen solchen 
Annahmen über die Wirklichkeit der Dinge einen allgemeinen idealen 
Zusammenhang von Wahrheiten und dem Verhältnis ihrer wechselseitigen 
Abhängigkeit. ... Damit erhält die Erkenntniskritik gerade in ihrer 
Idealität eine streng objektive Wendung: sie handelt nicht von 
Vorstellungen und Vorgängen im denkenden Individuum, sondern von 
dem Geltungszusammenhang zwischen Prinzipien und 'Sätzen', der 
als solcher unabhängig von jeglicher Betrachtung des subjektiv- 
psychologischen Denkgeschehens festgestellt werden muß." (4) 
Das dritte und entscheidende Kennzeichen der transzendentalen 
Methode im Cohenschen Verstand ist, daß sie nicht nur das Prinzip 
der philosophischen Problemstellung bezeichnet, sondern zugleich 
konkret das Prinzip der 'Erzeugung' des Gegenstandes, der Wirklichkeit 
aus dem Denken darstellt. Die transzendentale Methode, oder 
das "Prinzip des Ursprungs", wie sie Cohen seit seiner 1902 
erschienenen "Logik der reinen Erkenntnis" vorzüglich nennt, hat also 
eine doppelte Funktion. Es stellt einerseits das Prinzip der 
1) H. Cohen, Das Prinzip der Infinitesimalmethode, S. 49f. 
2) P. Natorp, Kant-Studien Bd.17, 1912, S. 198 
(3) E. Cassirer, Kant-Studien Bd.17, 1912, S. 255 
(4) ebenda, S. 256f.
	        
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