Volltext: Józef Piłsudski Militärische Vorlesungen (Band III / 1936)

AUS DEM BALKANKRIEG 
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Kriegsmaschinerie, selbst bei ihren Erfolgen arbeitet, um¬ 
gekehrt aber, mit welcher Leichtigkeit die anderen jede 
Niederlage überwinden*). 
Um den moralischen Stand der türkischen Truppen zu 
veranschaulichen, wähle ich also Augenblicke, in denen sie 
siegreich waren und mehr Selbstvertrauen haben konnten 
und mußten, Augenblicke, in denen festgestellt wurde, daß 
sich der Feind geschlagen vor ihnen zurückzieht. 
Das erste Beispiel entnehme ich der großen „bataille de 
rencontre66, der ersten während des Feldzuges, die am 
22. Oktober stattfand. An der riesigen Front begegneten 
sich, ganz unabhängig voneinander und infolge des beider¬ 
seits schlechten Kundschafterdienstes unerwartet, die Vor¬ 
huten der beiden Heere. Trotz aller Schwierigkeiten, wel¬ 
che ein derartiger Kampf den Truppen bietet, blieb am 
Abend das Übergewicht auf der Seite des schlechter orga¬ 
nisierten Gegners, also auf der türkischen Seite. Um die 
Moral der Truppen zu beleuchten, halte ich mich nicht bei 
der ganzen Kampffront auf, sondern wähle jenen Ab¬ 
schnitt aus, auf dem der Zusammenstoß — die „rencontre“, 
um es „polnisch66 auszudrücken — mich am meisten an 
unsere kleinen Geplänkel auf den Feldern von Zamarty- 
now**) erinnern, wo die Schützen bei einem plötzlichen 
*) Trotz meiner eigenen Anklage über die Abschweifungen will ich mir doch 
noch erlauben, aus dem Gefühl begreiflicher „Schadenfreude46 ein Beispiel von der 
Einnahme de&FleckensHei-kau-tai durch dieRussen anzuführen.Man stelle sich vor, 
daß ein ganzes Armeekorps, und zwar eines der besten, mit seiner Artillerie im 
Laufe eines ganzen Tages einen Dorfflecken zu erobern sucht, der von drei Schwa¬ 
dronen Kavallerie und einem halben Bataillon Reserve-Infanterie verteidigt wird. 
Schließlich weichen diese Truppen; denn, wie der japanische Major über dieses 
Unglück berichtet, „konnte die japanische Kavallerie, da sie keine Seitengewehre 
hatte, nicht den Endkarapf aufnehmen64. Man kann sich in den russischen Sieg hin¬ 
eindenken und muß bei diesem Triumph die Worte des Dichters wiederholen: 
„Vergeblich, o vergeblich! Heimliche Wunden . . .66 
**) Übungsplatz der Schützen bei Lemberg.
	        
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