Volltext: Józef Piłsudski Militärische Vorlesungen (Band III / 1936)

DER OBERSTE FELDHERR IN THEORIE UND PRAXIS 
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des Soldaten als sein unzertrennlicher Kamerad. Der Sol¬ 
dat legt seinen Fahneneid ab, daß er als rechter Soldat le¬ 
ben und sterben will; sterben muß er auf Befehl seines 
Führers. Ich wiederhole daher nochmals: der Befehl im 
Kriege, der zum Obersten Feldherrn gehört, hat in keiner 
anderen Befehlsgewalt seinesgleichen. Dies stimmt mit 
einer Erklärung überein, die ich einmal in einer meiner 
Vorlesungen in Wilno gegeben habe, wenn ich sage: nur 
der ist ein guter Feldherr, der selber dem Soldaten seine 
Seele gibt, wenn er bis tief in die menschliche Seele, nach 
dem Leben greift und vom Soldaten verlangt, er solle ihm 
seine Seele geben. 
Wenn ich die verschiedenen Todesarten, die es auf der 
Welt gibt, miteinander vergleiche, so komme ich zu dem 
Ergebnis, daß der Soldatentod ganz anderer Natur ist. 
Wenn ein Bankier sein Vermögen verliert und im Zusam¬ 
menbruch nach dem Revolver greift, wenn ein Mädchen aus 
unglücklicher Liebe von der Brücke in die Weichsel 
springt oder ihre Hand nach Gift ausstreckt, so gehorchen 
diese ihrem eigenen Willen, sie fliehen vor dem Leben und 
seiner Bürde. 
Der Soldat aber stirbt für andere, niemals für sich 
selbst, er wirft seinen gesunden Körper dem Moloch Krieg 
in den Rachen. Tausend Tode, die ihn verfolgen, Tode auf 
dem Schlachtfeld, Tode in den Krankenhäusern an Wun¬ 
den und Leiden hängen mit nichts anderem zusammen als 
mit der Befehlsgewalt des Obersten Feldherrn. Darum sage 
ich es nochmals: der Gehorsam gegenüber dem Obersten 
Feldherrn ist anderer Art als die Gefolgschaft in irgend¬ 
einem anderen Lebenshereich. 
Ich gehe nun zu einer anderen Kennzeichnung des Ober¬ 
sten Feldherrn über: er muß in seine Berechnungen die 
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