Volltext: Józef Piłsudski Militärische Vorlesungen (Band III / 1936)

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MILITÄRISCHE VORLESUNGEN 
Obersten Feldherrn und keinen Obersten Feldherrn ohne 
Krieg gibt. 
Der Oberste Feldherr ist, wie sein Begriff besagt, mit der 
Führung, mit der Heeresleitung verbunden. Er steht unter 
dem Gebot, zu führen, und Führen heißt Befehlen. Ein 
Oberster Feldherr ohne Führerschaft und Befehl ist kein 
Oberster Feldherr. Das Beiwort „Oberster66 spricht nur vom 
Umfang der Führerschaft, es bekundet, daß er persönlich 
alles anführt, was zum Heer gehört und was mit der Waffe 
in der Hand auf den Schlachtfeldern kämpft. 
Wo wir auch immer die Auffassung antreffen, man 
könne nur über kleine Einheiten persönlich kommandie¬ 
ren, und je höher die Führerschaft reiche, desto unpersön¬ 
licher werde sie, müssen wir diese Meinung als einen Irr¬ 
tum bezeichnen, der uns leider in Polen oft entgegentritt. 
Die Führerschaft im Kriege ist etwas anderes als irgend¬ 
eine andere Führerschaft, die Gehorsam fordert. Es gibt 
nämlich noch eine Erscheinung, die vom Kriege und 
vom Befehl im Kriege unzertrennlich ist. Das ist der Be¬ 
fehl, der den Keim des Todes in sich birgt. Wollte man ge¬ 
fühlvoll die Erscheinung des Todes aus dem militärischen 
Befehligen ausscheiden, so beginge man eine Sünde gegen 
das Grauen des Krieges und gegen den Obersten Feldherrn, 
der kühn und mutig die mit dem Tode verbundene Befehls¬ 
gewalt auf sich nehmen muß. 
Die Erscheinung des Todes ist für die Menschen allge¬ 
mein, denn die Menschen sind sterblich. Aber kein Befehl 
reicht so tief ins Innere der Menschenseele wie der Befehl 
im Kriege, denn er fordert den Tod. Darum ist es unmög¬ 
lich, irgendeine Unterwerfung oder einen Gehorsam mit der 
Unterwerfung zu vergleichen, die vom Soldaten verlangt 
wird. Die Erscheinung des Todes schwebt über der Gestalt
	        
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