Volltext: Sammlung von Nachweisen für die Verletzungen des Völkerrechtes durch die mit Österreich-Ungarn Krieg führenden Staaten [Hauptbd.] ; ([Hauptbd.] ; 1915)

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welches mich anwies, das Land zu verlassen. Ich begab mich sofort zu dem 
Stadthauptmann Generalmajor Adrianow, welchem ich meine Abberufung 
bekanntgab und den ich um Beistellung sicherer Fahrgelegenheit zurjrussischen 
Grenze ersuchte. Generalmajor Adrianow stellte mir frei, zwischen der Route 
Moskau—Wladiwostok und Moskau—St. Petersburg—Tornea zu wählen, worauf 
ich mich begreiflicherweise für die letztere Strecke entschied. Gleichzeitig teilte 
ich Herrn Adrianow mit, daß Kanzleisekretär Buchartowski in Moskau Zurück 
bleiben würde, welche Mitteilung der Stadthauptmann genehmigend zur Kenntnis 
nahm, und bat ihn, gegebenenfalls unsere Kolonie vor eventuellen Aus 
schreitungen der Bevölkerung zu schützen. Generalmajor Adrianow sagte mir 
die Erfüllung meines Wunsches zu und erklärte mir, daß er für uns die Fahrt 
gelegenheit von Moskau nach St. Petersburg für den am 8. August abgehenden 
Schnellzug reservieren lassen werde. Für unsere Weiterreise nach der schwedischen 
Grenze werde das Ministerium des Äußern in St. Petersburg Sorge tragen. 
Am 8. August verließ ich Moskau. In meiner Begleitung befanden sich: 
meine Gattin, Vizekonsul von Haydin, der zugeteilte provisorische Handelsfach 
beamte Prokopetz, Diurnist Zednicek, ferner der Sektionsrat im königlich unga 
rischen Handelsministerium Dr. Ballagi und dessen Sohn, welche, auf einer 
Vergnügungsreise in Rußland begriffen, von der Kriegserklärung überrascht 
worden waren, endlich meine österreichischen Dienstboten. 
In St. Petersburg am Vormittag des 9. August angelangt, begab ich mich 
sofort zu dem amerikanischen Geschäftsträger Mr. Wilson, um ihn zu bitten, 
wegen unserer Weiterreise im Ministerium des Äußern vorstellig zu werden. 
Herr Wilson entsprach meiner Bitte sofort, teilte mir aber nach Rücksprache im 
Ministerium des Äußern mit, daß von einer Fortsetzung der Reise vorläufig keine 
Rede sein könne. Am nächsten Tage wurde Herrn Wilson auf seine neuerliche 
Vorstellung im Ministerium des Äußern bekanntgegeben, daß sich der Kriegs 
minister gegen die Bewilligung zur Fortsetzung unserer Reise ausgesprochen habe. 
Gleichzeitig teilte mir Plerr Wilson mit, man habe im Ministerium Andeutungen 
gemacht, als ob man gegen die österreichisch-ungarischen Konsularvertreter wegen 
angeblicher Spionage vergehen wolle. Herr Wilson meinte daher, daß ich damit 
rechnen müsse, eventuell verhaftet zu werden, wie ja auch schon der deutsche Konsul 
in Kowno, Baron Lerchenfeld, in St- Petersburg in Haft genommen worden sei. 
Diese Situation erhielt am nächsten Tage eine weitere Verschärfung durch die 
von der ganzen Petersburger Presse gebrachte Sensationsmeldung über die 
angebliche Erschießung des russischen Konsuls Poljanowski in Königsberg, eine 
Nachricht, welche, obzwar falsch, von der russischen Regierung volle acht Tage 
hindurch nicht dementiert wurde. Da die ganze Sachlage in der Tat nichts 
Gutes verhieß, übergab ich Herrn Wilson unsere Wertsachen und Gelder zur 
Aufbewahrung und machte mich auf alles gefaßt.
	        
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