Volltext: Sammlung von Nachweisen für die Verletzungen des Völkerrechtes durch die mit Österreich-Ungarn Krieg führenden Staaten [Hauptbd.] ; ([Hauptbd.] ; 1915)

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*) Vgl. die Fußnote zu Nr. 1, 
Belgiens gehandelt hat und daß wir hiebei das Schicksal der Deutschen zu 
teilen hatten. 
Schon am Montag, den B. August, gegen 10 Uhr vormittags, wurde mir gleich 
zeitig wie meinem deutschen Kollegen vom Bürgermeister, den ich bei diesem 
zufällig antraf, der „freundschaftliche“ Bat erteilt, meinen Landsleuten anzuraten, 
schleunigst die Heimreise anzutreten*). Er erklärte dies damit, daß die deutschen 
Truppen auf Lüttich marschierten, infolgedessen in Antwerpen der Belagerungs 
zustand proklamiert worden sei und er angesichts der ungeheuren Erregung, die 
sich der Bevölkerung bemächtigt habe, für die Sicherheit unserer Landsleute 
nicht aufkommen könne. 
Infolge des Belagerungszustandes wurden unsere telegraphischen und tele 
phonischen Verbindungen alsbald eingestellt, respektive die nach Brüssel— 
Wien adressierten Telegramme nicht angenommen und mir zurückgestellt. (Briefe 
und Zeitungen aus Österreich-Ungarn waren schon einige Zeit zurückgeblieben 
und ich hatte von den in der Heimat weilenden Familienmitgliedern schon seit 
27. Juli keine Nachricht.) Infolge der großen Aufregung war das Konsulat 
von unseren Landsleuten den ganzen Tag belagert. 
Am Abend desselben Tages (B. August) wurde der Einmarsch der deutschen 
Truppen in Belgien als falsches Alarmgerücht dementiert, der Belagerungs 
zustand wieder aufgehoben und schien sich alles wieder beruhigen zu sollen. 
Am Dienstag, den 4. August, verbreitete sich neuerlich die Nachricht vom 
Einmarsch der deutschen Truppen, der Belagerungszustand wurde um 8 Uhr 
morgens wieder proklamiert. Im deutschen Generalkonsulat erfuhr ich, daß 
zwei Kanzleibeamte auf dem Bahnhof arretiert und nur auf persönliche Inter 
vention des Generalkonsuls wieder in Freiheit gesetzt worden sind. 
Im Laufe des Tages wurden bereits mehrere Züge für deutsche Flücht 
linge bereitgestellt, mit welchen, da keine Ausweise verlangt wurden, auch 
Österreicher und Ungarn „unentgeltlich“ an die holländische Grenze gelangen 
konnten. 
Die Panik unter der Bevölkerung war am 3. und 4. August so groß, daß 
die Annahme von Papiergeld verweigert wurde und ich bemüßigt war, bei der 
Nationalbank eine größere Menge Silbergeldes zu beschaffen. 
Am 4. August wurde das Konsulat den ganzen Tag von Landsleuten 
bestürmt, die von einer bevorstehenden Ausweisung gehört hatten und schleunigst 
an die Grenze gelangen wollten. Viele kamen auch aus dem Innern des Landes 
und aus den Seebädern (Ostende, ßlankenberghe etc.), die sie fluchtartig ver 
lassen hatten. 
Gegen Abend (Dienstag, den 4. August) kam ein Adjutant des Militär 
gouverneurs in meine Wohnung, um mich zum Militärgouverneur zu bitten.
	        
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