Volltext: Sammlung von Nachweisen für die Verletzungen des Völkerrechtes durch die mit Österreich-Ungarn Krieg führenden Staaten [Hauptbd.] ; ([Hauptbd.] ; 1915)

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121. 
Protokoll, 
aufgenommen beim k. k. Landesgendarmeriekommando in Dorna-Watra am 
28. Jänner 1915. 
Es erscheint der k. k. Eichter Aurelian Mironowicz aus Sereth (Bukowina) 
und teilt nachstehende Vorfälle mit, die sich in seiner Wohnung während 
der zweiten Invasion der Hussen am 29. Dezember 1914 ereignet haben. 
Um halb sechs Uhr abends schrieb ich einen Brief, als plötzlich meine 
Ehegattin voll Schrecken die Türe öffnete und mitteilte, daß Tscherkessen in 
unsere Wohnung eingedrungen seien. Hinter meiner Ehegattin traten vier 
bewaffnete Tscherkessen ein, welche mich für verhaftet erklärten. Als ich ihnen 
eröffnete, daß ich weder Militär bin, noch mit der Kriegführung irgendwie in 
Verbindung stehe, forderten sie mich wie auch meine Angehörigen auf, die 
Hände hochzuheben. Auf meine Bitte um Schonung erhielt ich einen Knuten 
hieb mit der Aufforderung, zu schweigen, widrigenfalls ich mit der ganzen 
Familie erschossen würde. Hierauf entwendeten sie mir das gesamte Bargeld, 
ebenso meiner Gattin und meiner Schwiegermutter, ferner Uhr und Kette; sie 
durchstöberten das Zimmer und nahmen sämtliche Sachen, welche nicht niet- 
und nagelfest waren. Was sie nicht mitnehmen konnten, wurde sofort zerschlagen 
oder zerrissen. 
Als sie mit dieser Arbeit fertig waren, forderten sie meine mehrmals 
ohnmächtig gewordene Gattin auf, ihnen Essen und Trinken zu geben, widrigen 
falls wir mit dem Leben zu büßen haben würden. Während des Essens bemerkte 
der Anführer der Tscherkessen, daß sie meine beiden Kinder (neun, bzw. elf 
Jahre alt) mitnehmen müssen, und zwar als Geiseln, um sich zu versichern, 
daß sich in der Stadt nicht feindliches Militär befinde. Sobald die Kinder, 
die der russischen Sprache mächtig sind, dies hörten, liefen sie barfuß aus 
dem Zimmer und versteckten sich im Garten, wo sie die ganze Nacht im 
Schnee bis zum Morgengrauen zubrachten. Als die Tscherkessen den Abgang der 
Kinder bemerkten, mißhandelten sie mich, meine Gattin und meine 78 Jahre 
alte Schwiegermutter auf die gräßlichste Art. Auch erklärten die Tscherkessen, 
daß meine Gattin sich für den zweiten Tag zur „Hochzeit“ vorbereiten solle. 
Die ganze Nacht hörte man in der Stadt Toben, Schreien und auch 
Schüsse und es blieb kein einziges Mädchen unverschont. Das Geschrei der 
vergewaltigten Frauenspersonen war in der Nacht bis in das reichsrumänische 
Dörfchen Verpole vernehmbar. Gegen sechs Uhr früh erschienen die Tscher 
kessen wieder bei mir und befahlen, mein Pferd einzuspannen und meine 
beiden Kühe am AVagen anzubinden. Das letzte Hab und Gut mußte ich unter 
fortwährenden Mißhandlungen den räuberischen Horden übergeben, um wenigstens 
mein Leben zu retten. A v 
Aurelian Mironowicz m. p.
	        
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