Volltext: 1913 und das erste Halbjahr 1914 (Dritter Band / 1922)

Noch abends des 18. Oktobers erfolgte die Rückreise im Hofzug. 
Auf die Anfrage, wann wir uns beim Thronfolger abzumelden hätten, 
kam die Entscheidung, daß Seine Kaiserliche Hoheit davon absehe und 
während der Fahrt aussteigen werde, um sich nach Konopist zu begeben. 
Wir hätten unbekümmert darum die Reise fortzusetzen. 
Am 19. Oktober nach der Ankunft in Wien begab ich mich ins 
Bureau und sprach mit meiner engsten Umgebung (Feldmarschalleutnant 
von Höf er, Oberst Metzger, Major Kundmann) über meine Leipziger 
Erlebnisse. Ich bemerkte, daß ich jetzt nichts machen könne, so lange 
die Lage nicht geklärt wäre; käme es zum Kriege, so sähe ich einem 
Martyrium entgegen, glätte sich alles wieder, dann dächte ich daran, zu 
gehen; ein zweites Mal wolle ich derartiges nicht riskieren. 
Indessen erhielt ich am 19. Oktober bemerkenswerte Nachrichten: 
einen Bericht des Militärattaches in Cetinje, ein Telegramm des 16. Korps¬ 
kommandos in Ragusa und ein Telegramm des Militärattaches aus 
Belgrad. Ich gebe sie nachfolgend wieder. 
„Bericht des Militärattaches in Cetinje. 
Zu Res. Nr. 312. 
Euer Exzellenz! 
In Ergänzung meines gleichzeitigen Berichtes Res. Nr. 312 bitte ich 
E. E. noch zu hochgeneigter, vertraulicher Kenntnis bringen zu dürfen, 
daiß man der Möglichkeit einer serbisch-montenegrinischen Union auch 
in unserem Ministerium des Äußern bereits nähergetreten ist und über 
die eintretenden Falles zu ergreifenden Maßnahmen zu beraten 
begonnen hat. 
Insoweit meine Informationen reichen, ist man entschlossen, einer 
Vereinigung beider Staaten so lange als möglich auf diplomatischem 
Wege entgegenzuarbeiten, wenn sie aber trotzdem zur Tatsache werden 
sollte, mit der Besetzung des ganzen montenegrinischen Küstengebietes 
bis an die Bojana zu antworten, Großserbien somit von der Adria 
abzuschneiden. 
Unentschieden scheint noch die Frage zu sein, ob dieses Küsten¬ 
gebiet von Österreich annektiert oder dem Fürstentum Albanien zuge¬ 
sprochen werden solle, ebenso die Frage, ob bei dieser Gelegenheit auch 
eine Grenzregulierung im Kuk—Lovcen-Abschnitt zu erzwingen wäre. 
Die Wahrnehmung des Zeitpunktes für die Durchführung derartiger 
Maßnahmen bedarf auch noch der Beleuchtung von verschiedenen Stand¬ 
punkten. Während von einer Seite geltend gemacht wird, daß erst die 
effektive Proklamierung der Vereinigung Montenegros mit Serbien ein 
Einschreiten unserer Monarchie erheischen würde, betont man von 
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