Volltext: 1913 und das erste Halbjahr 1914 (Dritter Band / 1922)

Handeln und versicherte, ganz auf Seite der Monarchie zu stehen. Er 
fügte bei: „Ich gehe mit Euch. Die anderen (Mächte) sind nicht bereit, 
sie werden nichts dagegen unternehmen. In ein paar Tagen müßt ihr in 
Belgrad stehen. Ich war stets ein Anhänger des Friedens; aber das hat 
seine Grenzen. Ich habe viel über den Krieg gelesen und weiß, was 
er bedeutet, aber endlich kommt die Lage, in der eine Großmacht nicht 
länger zusehen kann, sondern zum Schwert greifen m u ß.“ 
Nach diesen Worten sagte der Kaiser: „Es sind mehrere Ihrer 
Oberste da, die ich noch nicht kenne, bringen Sie sie mir her.“ 
Ich ging nun daran, mit Hilfe Baron Bienerths die Herren 
zusammenzurufen. 
Plötzlich trat raschen Schrittes und aufs höchste erregt Erzherzog 
Franz Ferdinand' an mich heran und fragte barsch: „Was geschieht da?“ 
Ich erwiderte: „Der Deutsche Kaiser hat mir befohlen, ich solle ihm 
unsere Oberste bringen.“ 
Darauf herrschte mich der Thronfolger im heftigsten Tone an: 
„Das ist meine Sache. Sind Sie der Armeekommandant? Das werde ich 
mir ausbitten!“ 
Ich antwortete: „Ich bitte Eure Kaiserliche Hoheit zu entschuldigen, 
aber der Deutsche Kaiser hat mich beauftragt.“ Hierauf der Erzherzog: 
„Das hätten Sie mir melden sollen!“ 
Diese Szene war das peinlichste, was ich je erlebt hatte, umsomehr, 
als sie vor fremden Persönlichkeiten, fremden Generalen und Offizieren 
vor sich gegangen war. 
Seine Kaiserliche Hoheit stellte hierauf die mittlerweile versammelte 
ö.-u. Deputation dem Deutschen Kaiser vor; ich entfernte mich. 
General von Moltke, der die ganze Szene gehört und gesehen hatte, 
kam auf mich zu mit den Worten: „Wenn die Dinge s o stehen, wie 
soll man da mitsammen arbeiten!“ 
Ich: „Sie muten mir dioch nicht zu, mit dem Erzherzog noch weiter 
zusammen zu arbeiten!“ 
Exzellenz Moltke: „Ich bitte Sie, nur jetzt nichts dergleichen tun. 
Halten Sie aus. Jetzt, wo wir einem Konflikt entgegengehen, müssen 
Sie bleiben.“ 
Ich gewann bald meine Ruhe wieder. 
Nachträglich konnte ich mir das Auftreten Seiner Kaiserlichen Hoheit 
so wie früher in Chotowin nur aus einer physischen Indisposition 
erklären, die ihn, im Zusammenhalt mit den schon angedeuteten, ihn 
verstimmenden Eindrücken des Festes, im erhöhten Maße reizbar gemacht 
hatte. 
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