Volltext: 1913 und das erste Halbjahr 1914 (Dritter Band / 1922)

Tagen vollzogen sein; Kavallerie und Jägerbataillone erlangen die Marsch¬ 
bereitschaft im Laufe des Sonntags (6. Juli). 
Gleichzeitig mit der ersten Linie mobilisieren auch die Reserve¬ 
divisionen sowie jene Landsturmkörper, die zum Sicherheitsdienst im 
Innern und zu Etappenzwecken bestimmt sind. 
Was der Mobilisierung folgen, wie und wo der Aufmarsch der Kräfte 
erfolgen wird, ist zur Stunde noch nicht entschieden und soll vom Fort¬ 
gang der Ereignisse auf dem Balkan bestimmt werden. Der Minister¬ 
präsident vom k. u. k. Gesandten über Ziel und Zweck der Mobili¬ 
sierung befragt, antwortete, der Einmarsch in Bulgarien sei noch gar 
nicht beschlossene Sache, die Maßnahme habe vorläufig nur den Zweck, 
Rumänien in den Stand zu versetzen, seine Interessen zu wahren. Die 
Art, wie dies geschehen werde, hänge ausschließlich von den kommenden 
Begebenheiten ab und könne erst festgelegt werden, bis es sich zeige, 
zu wessen Gunsten die nächsten Kämpfe ausfallen. 
Ich halte diese Erklärung für leere Ausflucht. Daß man heute noch 
nicht genau weiß, ob man einfach in Bulgarien einrücken und die Linie 
Turtukai—Balcik — eventuell Ruscuk—Varna in Besitz nehmen, oder 
aber ob man direkt gegen die bulgarische, gegen Serbien und Griechen¬ 
land engagierte Feldarmee offensiv Vorgehen soll, oder endlich, ob man 
beides gleichzeitig machen soll, dürfte wohl den Tatsachen entsprechen. 
Die in der Antwort angedeutete Möglichkeit eines Eingreifens gegen 
Serbien ist meiner Ansicht nach jedoch so gut wie ausgeschlossen, denn 
die ganze Aktion ist nur gegen Bulgarien gerichtet. Eine Bestätigung 
dieser Ansicht erhielt ich gestern vom Chef des Generalstabes, der sich 
mir gegenüber beklagte, er könne seine Aufmarschverfügungen nicht 
präzise treffen, da die politische Basis bis nun eine ungemein schwan¬ 
kende sei. Er wolle die Operationsarmee zu einer Offensive gegen Bul¬ 
garien bereitstellen, man scheue sich aber gegenwärtig noch, dies zuzu¬ 
geben, da man für diesen Fall das bewaffnete Einschreiten 
Österreich-Ungarns gegen Rumänien befürchtet, mit 
welchem die Sofioter Regierungsblätter drohten. Rußlands Ein¬ 
verständnis habe man erlangt, von dieser Seite sei 
man sicher; nur die künftige Haltung der Monarchie flöße Besorgnisse 
ein. Diese Äußerungen lassen einerseits darauf schließen, daß nicht die 
Erhaltung des Gleichgewichtes auf dem Balkan das Ziel ist, sondern die 
Niederwerfung Bulgariens, anderseits beweisen sie, Rumänien habe hinter 
unserem Rücken mit Frankreich, Rußland, Serbien paktiert und sich in 
den Dienst unserer Gegner gestellt. Von einem Angriff auf ein sieg¬ 
reiches Serbien dürfte unter diesen Umständen keine Rede sein. 
383.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.