Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

lungen schon aus diesem Grunde nicht sehr zugeneigt scheint und diese 
auch mit Rücksicht auf innere Umwälzungen (militärische Usurpatoren, 
Thronprätendenten etc.) sowie deshalb scheuen dürfte, weil die Inferiorität 
der Armee gegenüber der deutschen umsomehr durchgefühlt wird, als 
der stete Bevölkerungsrückgang ein Wettmachen der Zahl ausschließt. 
Nichtsdestoweniger kommt Frankreich stets als wesentlicher Gegner 
Deutschlands und damit als indirekter Gegner der Monarchie in Betracht, 
wie sich dies durch die bei allen Anlässen feindliche Haltung gegen den 
Dreibund ausspricht, wobei diese Haltung vornehmlich gegen Deutsch¬ 
land und Österreich-Ungarn gerichtet ist. Die Gegnerschaft gegen die 
Monarchie basiert aber überdies auf den wirtschaftlichen Bestrebungen 
Frankreichs am Balkan, welches dort trachtet, den Markt an sich zu reißen 
und seine Konkurrenten zu verdrängen. 
England. Die Gegnerschaft Englands zu Deutschland infolge 
kommerziellen und maritimen Aufschwunges letzteren Staates, insbeson¬ 
dere die Eifersucht auf Deutschlands Seemachtstellung, ist eine unleug¬ 
bare Erscheinung, und der Anschluß Englands an Frankreich und Ru߬ 
land erklärt sich damit; ob aber die Entente Englands mit Rußland 
bei den so mannigfachen Gegensätzen (Meerengenfrage, Ägypten, Persien, 
Indien) von bleibender Dauer sein wird, steht daher sehr in Frage; auch 
hat es England in der Regel verstanden, sich bei Konflikten abseits zu 
halten, um für das Erringen politischer Vorteile den passendsten Moment 
abzuwarten. Eine solche abwartende Haltung Englands zu erzielen, 
wäre ein erwünschter politischer Erfolg für die Kriegshandlung. 
England fällt vor allem mit seinen maritimen Streitmitteln ins 
Gewicht und kommt gegen die Monarchie speziell die Mittelmeerflotte 
in Betracht. Sie allein, insbesondere aber alliert mit der italienischen 
Flotte, würde in der Adria einen gefährlichen maritimen Gegner schaffen; 
drängt dies auch zur möglichsten Entwicklung der eigenen Seestreitkräfte 
und zur Schaffung befestigter Repli-Punkte für letztere, so ist doch nicht 
zu übersehen, daß für die Monarchie jedwede Feldzugsentscheidung auf 
dem Erfolg zu Lande beruht. 
Diesen vorausgesetzt, vermag die Monarchie etwaige maritime 
Erfolge Italiens direkt durch Repressalien zu Lande wett zu machen, 
solche Englands aber indirekt durch Stärkung seiner Gegner (Türkei, 
Ägypten). Ist Englands Herrschaft in Ägypten gebrochen, dann schwindet 
seine Macht überhaupt und damit auch seine Seemacht. Eine Konkurrenz 
im materiellen Flottenausbau mit England aufzunehmen, dazu fehlen der 
Monarchie die Mittel. 
Hinsichtlich der Landstreitkräfte ist es das Bestreben Englands, 
sechs Infanteriedivisionen für die Verwendung am Kontinent verfügbar 
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