Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

speziell gegenüber Montenegro in der Zuwendung von Geschützen, 
Instruktoren etc. konkreten Ausdruck gefunden hat. 
Zeigt all dies, daß sich Italien in sehr zielbewußter Weise zum Krieg 
gegen die Monarchie vorbereitet und daß es eine verderbliche Täus.hung 
wäre, sich dieser Erkenntnis zu verschließen, so ist insbesondere aus dem 
dermalen mit rastlosem Eifer zur Ausführung gelangenden Befestigungs¬ 
system leicht zu erkennen, daß Italien hiebei auch einen Offensivkrieg im 
Auge hat, und zwar wie folgt (Beilage 3, 4, 5). 
Der Ausbau des großangelegten befestigten Raumes von Gemona 
im Verein mit den permanent zur Ausführung gelangenden Brückenköpfen 
von Codroipo Casarsa und von Latisana sollten jedwede ö.-u. Offensive 
vom Isonzo und Kanaltal (Carnia) her aufhalten, indes überlegene italie¬ 
nische Kräfte von Westen, Süden und Südosten her das südliche Tirol 
angreifen und durch einen Vorstoß aus dem Cadore von der Monarchie 
trennen Die zahlreichen, an allen Ausgängen angelegten Gebirgsbefesti- 
gungen vom Stilfserjoch bis ins Cadore sollen nicht nur diese Offensive 
gegen Tirol direkt unterstützen, sondern auch die Versammlung der hiezu 
nötigen, sowie der in der venetianischen Ebene aufmarschieren¬ 
den Kräfte und deren Verbindungen nach rückwärts verläßlich schützen. 
Bedenkt man, daß Tirol nur ein Korps im Lande hat, für Truppen- 
zuschübe aber bloß auf die trotz jahrelanger Anforderungen noch immer 
bloß eingleisige Bahn Salzburg—Wörgl, sowie auf die Brennerbahn und 
die sehr gefährdete Pustertalbahn angewiesen ist, während Italien Süd¬ 
tirol nicht nur mit zwei Korps umschließt, sondern auch auf seinen zahl¬ 
reichen Bahnen bei kurzen Aufmarschlinien rasch weitere Kräfte heran¬ 
führen kann, so gewinnt eine solche Offensive Italiens voraussichtlich mit 
dem III., IV. und V. Korps und allen Alpinitruppen nebst Freiwilligen¬ 
formationen sehr an Wahrscheinlichkeit. Im Falle des Gelingens würde 
ihr dann die Offensive in Venetien folgen, wo anfänglich das VI. Korps 
und die Kavalleriedivisionen den Aufmarsch decken. 
Ich bin weit entfernt, von der eigenen Aktion nicht ein diese Pläne 
Italiens vereitelndes Vorgehen zu erwarten, aber ich führe den obdargeleg- 
ten Gedankengang nur an, um die Anschauungen jener zu entkräften, 
welche bei Italien nur rein defensive Absichten voraussetzen und dies 
etwa gar aus den Befestigungen Italiens ableiten wollen. 
Aber selbst wenn man Italien nicht zumuten will, daß es plötzlich 
ganz allein zum Angriffskrieg gegen die Monarchie schreitet, so muß 
man doch mindestens darauf gefaßt sein, daß Italien diesen Angriffskrieg 
führen wird, sobald die Monarchie von irgendwelchen Komplikationen 
innerer oder äußerer Natur betroffen ist. 
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