Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

bei Krakau versammelten schwächeren Gruppe im allgemeinen in der 
Richtung auf Wien. 
Im äußersten Falle müßte an der Donaustrecke Wien—Budapest die 
russische Offensive solange zum Stehen gebracht werden, bis das Ein¬ 
treffen der in Italien freigewordenen Hauptkräfte zu erfolgen vermöchte. 
Ob ein solches Zurückgehen der sekundären Kräfte aus Galizien über¬ 
haupt notwendig werden wird, bis wieweit nach rückwärts es erfolgen 
müssen wird, wo die vom Süden herangeholten Hauptkräfte zum offen¬ 
siven Rückschlag einzusetzen sein werden, entzieht sich natürlich dermalen 
der Beurteilung. 
Vor allem ist hiebei das Vorgehen Rußlands maßgebend und in dieser 
Hinsicht möchte ich zweier zu Gunsten der eigenen Situation ins Gewicht 
fallender Momente Erwähnung tun, nämlich der geplanten Rückverlegung 
des russischen Aufmarsches und der Sorge Rußlands für seinen ost¬ 
asiatischen Besitz mit Rücksicht auf das Verhalten Japans, beides 
Momente, welche dem raschen Wirksamwerden einer russischen Offensive 
entgegenstehen. 
Trotz alledem wäre der hier gedachte Kriegsfall ein für das ver¬ 
bündete Deutschland, Österreich-Ungarn und Rumänien sicherlich recht 
schwieriger, wenn auch im Enderfolg durchaus nicht hoffnungsloser, und 
ergibt sich daraus vor allem die Forderung, daß die Diplomatie einer 
solchen Konstellation Vorbeugen müsse. 
Dies fällt jedoch außerhalb meines Pflichtenkreises; innerhalb 
desselben erachte ich es aber gelegen, Seine Majestät zu bitten, E. E. das 
Vorstehende eröffnen zu dürfen, um unter Wahrung peinlichster Loyalität 
E. E. von jenen diesseitigen Maßnahmen in steter Kenntnis zu erhalten, 
welche im Bündnisfalle auch für die dortseitigen Verfügungen und Ent¬ 
schlüsse von Einfluß sein können. 
Seine Majestät geruhten in das vorliegende Schreiben Allerhöchst 
Einsicht zu nehmen. 
Mit dem Ausdrucke etc. etc. „ , „ 
Conrad m. p.“ 
General von Moltke an mich. 
„Chef des Generalstabes der Armee. (Streng geheim.) 
Berlin, den 30. Jänner 1910. 
Euer Exzellenz! 
bitte ich für das hochgeschätzte Schreiben vom 8. Jänner 1. J. meinen 
verbindlichsten Dank entgegennehmen zu wollen, ln voller Würdigung 
der in demselben sich aussprechenden loyalen Auffassung gegenseitigen 
bündnistreuen Verhaltens, versichere ich, daß auch unsererseits an den im 
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