Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

ich die schwerwiegenden Situationen eines eventuellen Kriegsfalles ins 
Auge fasse 
Andernfalls müßte ich es als Pflicht betrachten, ehrlich zu gestehen, 
daß ich dem innehabenden Dienstesposten nicht mehr zu entsprechen 
vermöchte Niemals würde ich jedoch irgend einen diesbezüglichen 
Schritt unternehmen, ohne mich vorher vertrauensvoll an Eure Kaiser¬ 
liche Hoheit gewendet zu haben. 
Geruhen daher Eure Kaiserliche Hoheit den vorliegenden ehrfurchts¬ 
vollsten Bericht nur in diesem Sinne entgegennehmen zu wollen. 
In tiefster Ehrfurcht Eurer Kaiserlichen Hoheit untertänigst gehör- 
samster Conrad m. p.“ 
Ich hatte für dieses, in der Form sehr ergebene, in der Sache aber 
sehr deutliche Schreiben einen besonderen Grund. Er lag darin, daß ich 
im Kriegsfälle dem zum Armee-Oberkommandanten bestimmten Erzherzog 
als Chef des Generalstabes zur Seite gestanden wäre und für diesen Fall 
jede Einmengung eines Dritten, jedes Verhandeln mit verantwortungs¬ 
losen Unberufenen von Haus aus imbedingt ausgeschaltet sehen wollte. 
Dazu hatte ich umsomehr Ursache, als sich zur Zeit der Kriegsmöglich¬ 
keit mit Serbien (1909) der Erzherzog plötzlich den General Szasz- 
kiewicz, der als Strategielehrer an der Kriegsschule tätig war, als General¬ 
adjutanten im Kriegsfälle gewählt hatte. Es war unschwer zu erkennen, 
daß Szaszkiewicz ihm als Kontrollorgan für meine operativen Anträge 
dienen sollte, und erinnerte mich an die mir gewordene Mitteilung, daß 
Erzherzog Franz Ferdinand von seinem Vater, Erzherzog Carl Ludwig, 
die Lebensregel bekommen habe, sich nie auf einen Menschen allein 
zu verlassen. 
In der Antwort auf meinen Brief versicherte mich der Erzherzog 
seines unveränderten Vertrauens, wofür ich ihm in folgendem Schreiben 
dankte: 
„Wien, 6. April 1910. 
Geruhen Eure Kaiserliche Hoheit meinen ehrfurchtsvollsten Dank für 
Euer Kaiserlichen Hoheit gnädiges Schreiben entgegennehmen zu wollen. 
Ich wäre glücklich, wenn Eure Kaiserliche Hoheit es mir gönnen 
würden, meine Anschauungen über Truppenausbildung, Adjustierung und 
Ausrüstung, Disziplin und Strammheit mündlich vortragen zu dürfen, da 
ich nicht frei von der Besorgnis bin, daß man Eurer Kaiserlichen Hoheit in 
diesen Hinsichten nicht zutreffend über mich berichtet hat. 
Ich danke Eurer Kaiserlichen Hoheit auch ganz besonders und 
untertänigst füi das höchste Zugeständnis meiner freien und offenen 
Meinungsäußerung; auch Seine Majestät geruhten Allergnädigst mir das 
4, Conrad II 
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