Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

in Rechnung gestellt werden, so erscheinen die die Existenz der Monarchie 
direkt betreffenden militärischen Forderungen durchaus nicht ungerecht¬ 
fertigt, insbesondere, wenn man damit die finanziellen Mittel vergleicht, 
welche andere Staaten für Heereszwecke aufwenden. 
Gerade bei der jetzigen, schon früher kurz charakterisierten politischen 
Lage erachte ich aber ein ehestes Vorgehen in dieser Beziehung 
unabweislich. 
Um eine Basis hiefür zu geben, habe ich die vom Standpunkte der 
konkreten Kriegsvorbereitungen, sowie der Schlagfertigkeit in Frage 
kommenden dringenden Forderungen zusammenstellen lassen, und zwar 
derart, daß dabei zum Ausdruck kommen: 
die überhaupt in naher Zukunft zu bewirkenden Maßnahmen, dann 
jene davon, 
welche bis 1913 zu realisieren und jene, 
welche noch bis 1912 unbedingt durchzuführen sind. 
Ich ermesse vollauf die enormen Schwierigkeiten, welche dem der- 
maligen Kriegsminister infolge des übernommenen Erbes erwachsen, aber 
welche Politik immer die Monarchie befolgen möge, so steht es doch 
fest, daß die mannigfachen Mängel der bewaffneten Macht so rasch als 
möglich behoben werden müssen und jedes Hinausschieben die bedenk¬ 
lichsten Folgen haben könnte. Vor allem auch schon deshalb, weil, wie 
die jüngsten Erfahrungen gezeigt haben, die politische Lage plötzlich 
Wendungen nimmt, welche von der Diplomatie gar nicht vorausgesehen 
waren, welche aber die Monarchie jeden Moment vor den Appell an 
die Wehrmacht stellen können. 
Wessen man sich gefaßt machen muß, zeigt am besten das über¬ 
raschende und skrupellose Vorgehen Italiens in der Tripolis-Unternehmung 
im Zusammenhalt mit der Tatsache, daß dieser Staat seine gegen die 
Monarchie gerichteten Kriegsvorbereitungen mit aller Beschleunigung zu 
vollenden trachtet. 
Geruhen Euer Majestät daher Allergnädigst die meinerseits gestellten 
Anträge einer Allerhöchsten Würdigung zu unterziehen und deren Aus¬ 
führung die Allerhöchste imperative Einflußnahme zuzuwenden. 
Wien, am 15. November 1911. 
Franz Freiherr Conrad von Hötzendorf, 
General der Infanterie. 
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