Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

alie Hinkunft mit der überlegenen soldatischen Tüchtigkeit der Nationen 
der Monarchie zu rechnen sein, so sind es doch vor allem das vorzügliche, 
ambitionierte Offizierskorps, dann die reichliche technische Ausgestaltung, 
wozu ich ganz besonders auch die munifizent durchgeführte Reichs¬ 
befestigung rechne, endlich der mit allen Mitteln aufgestachelte nationale 
Enthusiasmus, welche die italienische Armee von heute weit über jene 
früherer Zeiten stellen. 
Die Mißerfolge in Tripolis dürfen in dieser Hinsicht nicht überschätzt 
werden, da von solchen Erscheinungen auch andere Armeen in ähnlichen 
Verhältnissen betroffen waren. 
Gestützt auf diese Verhältnisse, ist es naturgemäß, daß Italien positive 
Ziele verfolgt. Diese sind: 
Der Landbesitz im nördlichen Afrika (Tripolis); 
die Einverleibung Südtirols, des Isonzogebietes, Istriens und Triests 
in das italienische Staatsgebiet; 
die wenigstens kommerziell entscheidende Festsetzung am Balkan, 
hiezu die Vorherrschaft in der Adria, die Durchdringung des westlichen 
Balkans mit dem italienischen Einfluß, vielleicht einmal auch die tat¬ 
sächliche Festsetzung in wichtigen Häfen der adriatischen Ostküste, 
darunter besonders in Valona. 
Es liegt auf der Hand, daß das erste Ziel (Machterweiterung in 
Afrika) bloß indirekt, daß aber alle andern direkt gegen die Interessen 
der Monarchie gerichtet sind, also zur Gegnerschaft führen müssen. 
Daß dermalen die italienische Regierung alles aufbietet, um Liebe, 
Freundschaft und Interessenharmonie vorzuspiegeln, ist mehr als 
natürlich; aber ebenso sicher ist es auch, daß Italien nach Konsolidierung 
seiner tripolitanischen Aktion sehr bald wieder die momentan zurück¬ 
gestellten Ziele hinsichtlich der italienischen Territorien der Monarchie, 
sowie hinsichtlich der Interessensphäre am Balkan aufnehmen wird, weil 
dies den natürlichen, dem Wesen Italiens eigentümlichen Entwicklungs¬ 
bestrebungen innewohnt. 
Mit welcher Rücksichtslosigkeit und in welch überraschender Weise 
Italien dabei fast mit Sicherheit Vorgehen wird, darauf weist dessen 
Inszenierung der Tripolisaktion mehr als deutlich hin. Es wäre bedenklich, 
dies nicht zu erkennen. 
Rußland. Wenn auch Rußland zu großem Teil mit seinen 
Interessen in Asien verwickelt ist, so liegt es doch auch im inneren Wesen 
dieses Reiches, expansive Ziele in Europa zu verfolgen; für dieselben sind 
zwei Momente besonders bestimmend, und zwar die nationale Mission 
438
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.